V. In dieser Sidra finden wir die erste Verlobung und Hochzeit, die in der Tora ausführlich beschrieben wird, nämlich die Hochzeit von Jizchak. Nach dem Midrasch1 wird auch die Hochzeit von Adam und Chawa in der Tora erwähnt, allerdings nur andeutungsweise und in wenigen Worten.

Als Elieser erzählte, wie Awraham ihn nach Aram Naharajim schickte und wie er dort ankam, sagte er: „Und ich kam an diesem Tag an.“ Raschi führt aus: „Ich bin an diesem Tag aufgebrochen und an diesem Tag angekommen. Daraus folgt, dass die Reise für ihn verkürzt wurde.“2

Warum war es notwendig, seine Reise auf wundersame Weise zu verkürzen, und warum erzählte Elieser diese Tatsache? Es gibt zwei allgemeine Erklärungen, von denen die zweite eine chassidische ist, die deutlich die Abstraktion und eine auf die Seele gerichtete Qualität einer chassidischen Interpretation zeigt:

VI. (1) Als Awraham Elieser nach Aram Naharajim schickte, schrieb er ein Dokument, in dem er Jizchak sein gesamtes Vermögen vermachte.3 Es gab jedoch ein Problem bei der Datierung dieses Dokuments. Eine Möglichkeit war, das Datum von Eliesers Abreise zu schreiben. Die Mischna schreibt jedoch vor, dass der Mensch mit seinem Besitz sparsam umgehen muss;4 warum sollte er also Jizchak seinen Besitz während der siebzehn Tage, die die Reise normalerweise dauern würde, überlassen? Sicherlich hätte Awraham seinen Besitz anlässlich der Verlobung überschreiben müssen, aber erst ab dem Tag von Eliesers Ankunft, und nicht siebzehn Tage vorher. Andererseits würde die Eintragung des späteren Datums von Eliesers Ankunft nach siebzehn Tagen die Urkunde zu einem nachdatierten Dokument machen. Eine nachdatierte Urkunde ist zwar rechtsgültig, wirft aber dennoch einige technische Probleme auf.5 Awraham trug also das Datum der tatsächlichen Niederschrift ein, und deshalb wurde Eliesers Reise verkürzt: „Ich bin an diesem Tag aufgebrochen und an diesem Tag angekommen“ – damit der Besitz nicht vorzeitig übertragen wurde.

Als Elieser in Aram Naharajim ankam, rechnete er damit, dass Betuel und Lawan ihn befragen würden: „Wenn das Dokument auf eben diesen Tag datiert ist, muss es nachdatiert worden sein, was ein so akribischer Mensch wie Awraham nicht tun würde! In Erwartung solcher Fragen sagte Elieser sofort: „Es gibt keine Fragen zu stellen; ich bin an diesem Tag aufgebrochen und an diesem Tag angekommen.“

(2) Von Riwka heißt es,6 dass sie im Haus ihres Vaters Betuel „wie eine Rose unter Dornen“ war. Eine Rose wächst eben unter Dornen, und sie sind wichtig für ihre Erhaltung und ihr Wachstum.7 Man wird das Hindernis der Dornen nur dann überwinden, wenn es genügend Grund und Motivation gibt, um in den Besitz der Rose zu gelangen. Außerdem bewässert man um der Rose willen das gesamte Grundstück, was auch allen anderen Gewächsen zugutekommt.

Als Riwka drei Jahre und einen Tag alt wurde, kam sie für die Heirat mit Jizchak in Frage. Diese besondere Veränderung war auch die Motivation und der Grund, sich mit der Heiligkeit zu verbinden und sich von den Dornen zu entfernen. Awraham spürte dies damals und sagte sofort zu Elieser: „Geh in mein Land und an meinen Geburtsort und nimm eine Frau für meinen Sohn Jizchak.“8 Wäre die Reise nicht verkürzt worden, hätte Riwka noch einige Zeit bei Betuel und Lawan bleiben müssen. Die Entfernung aus den Dornen durch Eliesers Mission konnte nicht früher beginnen, d. h., bevor Riwka in das heiratsfähige Alter kam. Gleichzeitig musste die Reise verkürzt werden, um zu vermeiden, dass Riwka unnötig lange in ihrem Zuhause bleiben musste.

Als Elieser in Aram Naharajim ankam, verstand er, dass Betuel und Lawan dafür plädieren würden, dass Riwka noch eine Weile bei ihnen bleiben sollte (sie sagten ja auch: „Lasst das Mädchen ein Jahr oder zehn Monate bei uns bleiben“9 ). So sprach er sehr nachdrücklich zu ihnen: „an diesem Tag“; wisst, dass dies eine Angelegenheit ist, bei der die Zeit entscheidend ist! Jeder Augenblick zählt, wie aus der Tatsache hervorgeht, dass „ich an diesem Tag aufgebrochen und an diesem Tag angekommen bin.“

VII. Aus dieser Geschichte in der Tora lässt sich eine offensichtliche Anweisung ableiten, die für uns und künftige Generationen von Bedeutung ist: „Die Begebenheiten der Väter sind ein Zeichen für die Kinder.“10

Bei dem Ereignis mit Riwka wurde die Reise verkürzt, um zu verhindern, dass sie auch nur einen Moment länger im Hause Betuels bleibt. Dasselbe gilt für die Kinder: Es gibt keinen Grund, wegen der Dunkelheit der Galut zu verzagen, denn der Allmächtige wird die Erlösung sicher beschleunigen, um zu verhindern, dass wir auch nur einen Augenblick länger als nötig in der Galut bleiben.

Das ägyptische Exil bildete die Wurzel aller späteren Stadien der Galut. Von der Erlösung aus Ägypten heißt es, dass die Israeliten „an demselben Tag auszogen“; dazu bemerkt die Mechilta, dass G-tt sie nicht einen Augenblick länger zurückhielt.11 So wird es auch mit der gegenwärtigen Galut sein, denn „Wie in den Tagen deines Auszugs aus dem Land Ägypten will Ich sie wunderbare Dinge sehen lassen.“12 Wir brauchen nur die Wiederherstellung der „kleinen Krüge“13 zu vollenden, und dann werden wir in unseren eigenen Tagen rasch die vollständige Erlösung durch unseren gerechten Maschiach verdienen.

(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Schabbat Paraschat Chaje Sara 5713)