Der Talmud erzählt über das Chanukkawunder wie folgt: „Als die Griechen in den Tempel eindrangen, verunreinigten sie alles Öl im Tempel. Nachdem die Hasmonäer sie besiegten, suchten sie nach reinem Öl, doch fanden nichts außer ein kleines Krüglein, welches mit dem Siegel des Hohen Priesters versiegelt war. Es reichte nur, um damit die Menora für einen Tag zu entzünden, doch auf wunderliche Weise brannte das Feuer ganze acht Tage lang.“1

Aus der Schilderung des Talmuds geht klar hervor, dass das Öl nicht zufällig, sondern absichtlich und systematisch verunreinigt wurde. Anhand dessen stellen sich zwei Fragen:

  1. Wenn die Griechen vorhatten, das Entzünden der Menora zu verhindern, weshalb vernichteten sie dann nicht einfach das Öl?
  2. Warum betont der Talmud, dass die Griechen alles Öl im Tempel verunreinigt hatten? Sie verunreinigten doch auch alles Öl in Jerusalem und Umgebung (denn gäbe es reines Öl in Reichweite, wäre doch ein Wunder nicht nötig).

Konflikt zweier Welten

Die Meister des Talmuds deuteten uns mit ihrer präzisen Wortwahl, welche eigentliche Absicht die Griechen mit der Verunreinigung des Öls verfolgten. Ihr Ziel war es nicht, das Entzünden der Menora zu verhindern, sondern dass sie mit unreinem Öl entzündet werden sollte! Deshalb, nachdem sie das Öl verunreinigt hatten, ließen sie alle Ölkrüge voller Öl im Tempel stehen, damit sie für die Entzündung der Menora gemäß ihrer Absicht bereitstünden.

Darin liegt der ganze Sinn von Chanukka. Der Kampf der Hasmonäer gegen die Griechen war der Aufprall zweier Welten. Auf der einen Seite steht die jüdische Welt, eine Welt der Thora, des Glaubens und eines extraordinären Lebensstils, der auf der Hingabe zu G-tt basiert und dabei betont, dass auch in den alltäglichen Dingen G-tt immer vor Augen gehalten werden muss. Dem gegenüber stellt sich die hellenistische Kultur auf, die sich auf die Verherrlichung des Menschen, seines Verstandes und seines Körpers beruft.

Die Thora als Kreation

Die Griechen wollten „deine Thora in Vergessenheit geraten lassen und die Juden von deinen Mitzwot abbringen.“2 Sie hatten kein Problem damit, die Thora als ein fantastisches, philosophisches Werk zu betrachten, ein Buch der Ethik oder eine Wissenschaft. Die Thora durfte hoch angesehen werden, solange man sie als menschliches Werk betrachtete. Doch auf keinen Fall konnten sie zustimmen, dass die Thora als das Wort G-ttes angesehen wird. Denn die Akzeptanz, dass die Thora, der Wegweiser des Menschen, g-ttlich ist, würde unweigerlich zur Folge haben, sich dem unergründlichen G-tt mit Leib und Seele hinzugeben. Und dies widersprach gänzlich dem Weltbild der Griechen, welche den Menschen (und nicht eine höhere Kraft) und seinen Verstand (und nicht den Glauben) im Mittelpunkt sah.

Dies drückte sich in der Menora aus. Die Griechen wollten, dass die Menora entzündet wird, doch ihr Licht sollte durch ein Öl brennen, dass eine fremde, nichtjüdische Hand verunreinigt hatte. Die brennende Menora mit reinem Öl symbolisiert den mit Glauben durchdrungenen Lebensstil des jüdischen Volkes und dies wollten die Griechen besudeln.

Der Kampf geht weiter

Es gab auch Juden, die hellenisierten und der Meinung waren, dass „etwas“ von der griechischen als damals moderngeltenden Kultur dem Judentum nicht schaden würde. Ihnen stellten sich eine kleine Gruppe der Hasmonäer entgegen, die sich nicht von dem äußeren Glanz der griechischen Kultur blenden ließ. Sie wussten, dass jeder Eingriff der griechischen Kultur ins Judentum die Reinheit des jüdischen Glaubens verunreinigen würde. Dagegen waren sie bereit, mit Leib und Seele zu kämpfen.

Dieser Kampf findet zu jeder Zeit statt. Der Jude muss auf der Hut sein, dass „die Menora in sich und seinem Heim“ nur mit reinem Öl gezündet werde. Es gibt Dinge, die Juden von anderen Völkern lernen, wie Kleidung und Küche, doch jene Weltansichten und Bräuche, welche den Geist des Judentums verletzten oder gar widersprechen, darf man auf keinen Fall in das Judentum eindringen lassen. In einer solchen gefährlichen Situation muss man sein „reines Ölkrüglein“ tief in der Seele aufrütteln, mit dessen Kraft man sich von allen „fremden Händen“ schützt und das Judentum in seiner Reinheit bewahrt!

(Torat Menachem, Band 35, Seite 317)