Um dich Verständnis zu lehren, dass nicht dies der Weg ist, auf dem das Licht G‑ttes ruht, d.h. indem man das Leben des Leibes und Kinder und Lebensunterhalt begehrt. Denn diesbezüglich sagten unsere Meister sel. A.: „Hebe deinen Willen auf etc.“1 Das heißt, der eigene Wille sollte so aufgelöst sein, dass man keinerlei Wunsch nach all den diesweltlichen Angelegenheiten hegt, die in „Kinder, Leben und Unterhalt“ enthalten sind. Wie unsere Meister sel. A. sagten: „Gegen deinen Willen lebst du.“2
Die Erklärung dieses Themas lautet: Dies kann nur erreicht werden, wenn es einen wahrhaftigen Glauben an den Jozer Bereschit3 gibt. Das heißt, die Schöpfung von Sein aus dem Nichts, was „Reschit Chochma“ genannt wird4, d.h. Seine Weisheit [Chochma], die von keinerlei Geschöpf erfassbar ist – diese Schöpfung findet zu jeder Zeit und in jedem Moment statt5, wenn alle Geschöpfe durch die Weisheit des Gesegneten, die alles belebt, aus dem Nichts zu Seiendem werden. Sinnt der Mensch nun in der Tiefe seines Verständnisses nach und malt sich in seinem Geist sein Entstehen aus dem Nichts in wahrlich jedem einzelnen Moment aus, wie könnte es ihm in den Sinn kommen, dass es ihm schlecht ergehe, oder er jedwelche Leiden betreffs „Kinder, Leben und Lebensunterhalt“ oder andere weltliche Leiden habe? Denn das Nichts [Ajin] – die Weisheit des Gesegneten – ist der Quell des Lebens, des Guten und des Genusses. Es ist der Eden, der die künftige Welt übersteigt6. Da es aber nicht erfassbar ist, bildet man sich ein, als ergehe es einem schlecht oder man leide. In Wahrheit jedoch „kommt nichts Böses von oben herab“7, und alles ist gut, doch wird es aufgrund seiner enormen und reichen Güte nicht erfasst. Und dies ist die Essenz des Glaubens, für den der Mensch geschaffen wurde8: zu glauben, dass „kein Platz Seiner bar ist“9 und „im Licht des Angesichts des Königs Leben ist“10. Folglich „sind Macht und Wonne an Seiner Stätte“11, denn Er ist die ganze Zeit über ausschließlich gut.
Es freue sich und frohlocke daher zu aller Erst der Mensch zu jeder Zeit und Stunde und lebe wahrlich mit seinem Glauben an G‑tt, der ihn belebt und in jedem Augenblick gütig mit ihm handelt. Wer aber betrübt ist und sich beklagt, zeigt, dass er gewisse Schwierigkeiten und Leiden hat und eine gewisse Gutheit fehlt. Er ist wie ein Leugner [des ihm erwiesenen Guten; ein Ketzer], G‑tt behüte. Aus diesem Grund lehnten die Weisen der Kabbala die Eigenschaft der Trübsal stark ab.
Der Gläubige hingegen wird durch keinerlei Leiden beunruhigt. Bezüglich aller weltlichen Angelegenheiten sind für ihn „Ja“ und „Nein“ mit wahrer Gleichheit gleichwertig. Derjenige aber, für den sie nicht gleichwertig sind, zeigt sich selbst als dem „Mischvolk“12 zugehörig, die sich selbst zuliebe handeln13; er liebt sich selbst [in solchem Maß], dass er sich von unter der Hand G‑ttes entfernt und das Leben von Heiden führt – aufgrund seiner Selbstliebe. Deshalb begehrt er „das Leben des Leibes“ und „Kinder und Lebensunterhalt“, denn das ist sein Gutes. Es wäre besser für ihn gewesen, er wäre nicht erschaffen worden. Denn der Zweck der Schaffung des Menschen in dieser Welt ist, ihn mit diesen Prüfungen zu testen, um zu wissen, was in seinem Herzen ist: ob er sein Herz anderen Göttern zuwenden wird, d.h. den Begierden des Körpers, die sich aus der Sitra Achra entwickeln, und diese begehrt, oder ob es sein Wunsch und Wille ist, ein wahrhaftiges Leben zu führen, das sich vom Lebendigen G‑tt entwickelt14.
Man muss daran glauben, dass man es wirklich lebt, dass sich all seine Bedürfnisse und all seine Angelegenheiten in all ihren Einzelheiten wirklich nicht aus der Sitra Achra ergeben, denn „haben doch von G‑tt die Schritte des Mannes ihre Richtung erhalten“15, „und ist ja kein Wort etc.“16 Folglich ist alles vollkommen gut, doch wird es nicht erfasst.
Glaubt man dies wahrhaftig, wird alles auch in offenbartem Zustand gut. Denn durch solch einen Glauben, bei dem man daran glaubt, dass das, was offenbart böse zu sein scheint, seine gesamte Lebenskraft vom Oberen Guten erhält, d.h. von der Weisheit des Gesegneten, die nicht erfassbar ist und den Eden darstellt, der die künftige Welt überragt – durch diesen Glauben wird das angebliche Böse wahrhaftig im verborgenen Oberen Guten aufgenommen und veredelt.
Diskutieren Sie mit