LIKKUTEJ AMARIM
Ausgewählte Lehren
Teil III
unter dem Titel
IGGERET HATESCHUVA
Brief über die Umkehr
Es wurde in einer Barajta am Ende [des Traktats] Joma gelehrt: „Drei Arten der Sühne existieren, und Umkehr begleitet jede einzelne. Übertrat man ein Gebot und kehrte um, wird einem umgehend verziehen1. Übertrat man ein Verbot und kehrte um, bewirkt die Umkehr Pendenz und der Sühnetag sühnt.“2
(Dies bedeutet: Obschon bezüglich der Erfüllung ein Gebot größere [Bedeutung trägt] und ein Verbot verdrängt3, rührt dies daher, dass man durch die Erfüllung eines Gebots ein Licht und einen Strom von der Ausstrahlung des gesegneten Ejn Sof in die oberen Welten ergehen lässt (wie im Sohar geschrieben steht: „Die 248 Gebote sind die 248 ‚Organe des Königs‘“4), wie auch auf die g‑ttliche Seele [des Menschen], wie wir sagen: „Der uns mit Seinen Geboten geheiligt hat.“5
Betreffend der Umkehr jedoch, wiewohl ihm die Strafe dafür, dass er sich gegen die Herrschaft des Gesegneten aufgelehnt und des Königs Wort nicht ausgeführt hat, erlassen wird, fehlt nichtsdestotrotz das Licht etc. pp.6 Dementsprechend erklärten unsere Weisen sel. A. den Vers: „Das Krumme, das nicht gerade werden kann“7 – „Dies ist jemand, der das abendliche oder [morgendliche] Schema-Lesen unterließ etc. pp.“8 Denn obschon er von nun an für immer auf das abendliche und morgendliche Schema-Lesen achten wird, ist seine Umkehr wirkungslos, das auszubessern, was er ein Mal unterließ.
Wer ein Verbot übertritt, verursacht dadurch, dass das Böse seiner Seele anhaftet, einen Makel droben in ihrer Wurzel und ihrem Ursprung (in den Gewändern der Zehn Sefirot von Assija, wie in Tikkunej Sohar geschrieben steht: „Du hast für [die Sefirot] Kleider angefertigt, denen Seelen für Menschen entfliegen etc. pp.“9) Daher gibt es für seine Seele und auch oben keine Sühne bis zum Sühnetag, wie geschrieben steht: „So erwirkt er dem Heiligtum Sühne für das, was die Kinder Israels in ihrer Unreinheit begangen haben, für ihre Freveltaten … …“10, „vor dem Ew‑gen sollt ihr rein werden“11. Die Betonung liegt auf „v o r dem Ew‑gen“. Es ist daraus also keinerlei Nachsicht bei den positiven Geboten abzuleiten, G‑tt behüte, insbesondere was das Torastudium anbelangt. Unsere Meister sel. A. erklärten im Gegenteil: „Der H.g.s.E. erließ Götzendienst etc. pp.“12, obwohl sie mit Abtrennung [von der Quelle der Lebenskraft] und Todesstrafe durch das Gericht [strafbar sind] – „die Unterlassung des Torastudiums aber erlässt Er nicht.“)13
Begeht man eine mit Abtrennung [von der Quelle der Lebenskraft] und Todesstrafe [belegte Sünde], bewirken Umkehr und Sühnetag Aufschub, und Leiden scheuern [„Memarkin“] (d.h. sie vollenden die Sühne. [Das Verb] Memarkin bedeutet Schrubben und Spülen, um die Seele zu polieren; Kappara [Sühne] ist der Ausdruck für „Abwischen“14, denn [Sühne] „wischt den Unrat der Sünde ab“), wie es heißt: „So werde Ich mit dem Stab ihre Freveltat ahnden und mit Schlägen ihre Sünde.“15 So weit die Worte der Barajta.
Nun besteht das Gebot der Umkehr, wie es von der Tora vorgeschrieben ist, ausschließlich im Aufgeben der Sünde16 (wie im [Talmudtraktat] Sanhedrin, Kap. 317, und in Choschen Mischpat, Ende Paragraph 3418, betreffs Zeugenschaft steht19). Dies bedeutet, man muss mit vollkommener Aufrichtigkeit20 beschließen, nie wieder in die Torheit zu verfallen, sich gegen die Herrschaft des Gesegneten aufzulehnen; nie wieder wird man die Gebote des Königs übertreten, G‑tt behüte, weder ein Gebot noch ein Verbot.
Dies ist die wesentliche Bedeutung des Begriffs Teschuva [„Umkehr“] – zu G‑tt mit seinem ganzen Herzen und seiner ganzen Seele zurückzukehren [„laschuv“], Ihm zu dienen und all Seine Gebote zu hüten, wie geschrieben steht: „Es verlasse der Böse seinen Weg, und der Mann der Sünde seine Gedanken, und kehre um zum Ew‑gen … …“21 Im Abschnitt Nizavim steht geschrieben: „Du sollst zum Ew‑gen, deinem G‑tt umkehren und auf Seine Stimme hören … … mit deinem ganzen Herzen … …“22 [So auch:] „Kehr um, Israel, zum Ew‑gen deinem G‑tt … …“23, [und] „Führ uns zurück, Ew‑ger, zu dir … …“24
Dies entspricht nicht der allgemeinen Auffassung, dass Umkehr im Fasten bestehe. Sogar im Fall von Sünden, die mit Abtrennung [von der Quelle der Lebenskraft] oder Hinrichtung durch das Gericht strafbar sind, wo die Sühne des Menschen durch Leiden vollendet wird, ist es der H.g.s.E., der die Leiden über ihn bringt25. (Wie geschrieben steht: „So werde Ich ahnden mit dem Stab …“26, ausdrücklich „So werde I c h ahnden“.) Wenn also die Umkehr des Menschen Wohlgefallen vor Ihm, gesegnet sei Er, findet, da er zu G‑tt mit seinem ganzen Herzen und seiner ganzen Seele aus Liebe heraus umkehrt, alsdann folgt auf den Impuls von unten „so wie im Wasser das Angesicht … …“27 droben ein Impuls, die Liebe und Güte G‑ttes erweckend, seine Sünde durch Leiden in dieser Welt zu scheuern, wie geschrieben steht: „Denn, wen der Ewige liebt, straft Er … …“28
Aus diesem Grund erwähnten Maimonides29 und Sefer Mizwot HaGadol30 in Zusammenhang mit dem Gebot der Umkehr keinerlei Fasten, nicht einmal im Fall von Sünden, die mit Abtrennung [von der Quelle der Lebenskraft] und Hinrichtung strafbar sind. Lediglich das Bekenntnis [der Sünden] und die Bitte um Vergebung werden angeführt, wie in der Tora steht: „Sie sollen ihre Sünde bekennen … …“31
Was im Buch Joel steht – „Kehrt zurück zu Mir mit eurem ganzen Herzen und mit Fasten und mit Weinen … …“32 – diente dazu, die [himmlische] Verfügung, die Sünde der Generation durch die Leiden der Heuschrecken auszulöschen33, außer Kraft zu setzen. Dies ist der Beweggrund aller Fasttage, die für jegliches Unheil unternommen werden, damit es nicht die Gemeinschaft befalle34, wie im Buch Esther geschrieben steht35.
Nun führen Mussar-Werke, vor allem Sefer Rokeach36 und Sefer Chassidim37, zahlreiche Fasttage und Kasteiungen für den Übertreter jener Sünden an, die mit Abtrennung [von der Quelle der Lebenskraft] und Hinrichtung strafbar sind; gleichfalls für den Vergeuder von Samenflüssigkeit, der des Todes durch himmlische Hand38 strafbar ist, wie die Tora über Er und Onan berichtet39, und seine Rechtsstellung entspricht in dieser Hinsicht jenen, die mit Abtrennung [von der Quelle der Lebenskraft] strafbar sind. Mit diesen [Fasttagen und Kasteiungen] wird beabsichtigt, die Strafe von Leiden vom Himmel, G‑tt behüte, abzuwenden, wie auch die Vollendung der Sühne seiner Seele zu beschleunigen und zu verschnellern. Auch kehrt er zu G‑tt vielleicht nicht mit seinem ganzen Herzen und seiner ganzen Seele aus Liebe, sondern aus Furcht zurück.
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