Die Namen der zehn Sefirot (G-ttlichen Manifestationen) sind: Chochma (Weisheit), Bina (Verständnis), Daat (Wissen), Chessed (Gefälligkeit), Gewura (Stärke), Tiferet (Schönheit), Netzach (Sieg), Hod (Pracht), Yesod (Grundlage), und Malchut (Königtum). Alles, das in den geistigen Welten stattfindet, geschieht durch das Medium der Sefirot (G-ttlichen Manifestationen). Sie sind jedoch, wie zuvor erläutert, nicht G-tt, und Kabbalisten warnen davor, sie anzubeten. Um es mit der Tikkunei Sohar zu sagen:

Elias begann seinen Diskurs und sagte: „Meister der Welten, Du bist Einer, aber nicht im numerischen Sinne. Du bist über alle Erhöhten erhöht und von allen Verborgenen verborgen. Kein Gedanke kann Dich erfassen. Du bist Der, der zehn „Gewänder“ hervorgebracht hat. Wir nennen sie die zehn Sefirot (G-ttlichen Manifestationen) und offenbarte Welten. Durch sie verbirgst Du dich vor der Menschheit. Du bist der, der sie verbindet und vereinigt; und da Du in ihnen wohnst‚ gilt derjenige, der eine dieser zehn Sefirot von einer anderen trennt, so, als ob er eine Trennung in Dir hervorgerufen hätte.

Wie zuvor dargestellt, ist Tzimtzum (Kontraktion) die Verhüllung des Or Ein Sof (Unendlichen Lichtes), die eine Seder Hischtalschlut, eine „Reihe von Zwischenstadien“ oder Welten zulässt, welche die Schöpfung der endlichen Welt ermöglicht. Jede dieser Welten hat eine geistige Infrastruktur, deren grundlegendste Struktur die Sefirot sind. Die Sefirot sind nicht G-tt, aber sie sind das Medium, durch das Ihm spezifische Eigenschaften zugeschrieben werden können. Das Wort Sefira ist mit dem Verb lesaper (‚ausdrücken’ oder ‚mitteilen’) verwandt. Das impliziert, daβ es die Funktion einer Sefira ist, eine bestimmte Eigenschaft auszudrücken. Es ist auch mit dem Wort sapir (Saphir) verwandt. Ein Saphir ist ein Edelstein, der hell leuchtet, was impliziert, daβ es die Aufgabe einer Sefira ist, Licht zu verbreiten. Wenn man diese zwei Konzepte verbindet, kann man sagen, daβ die Sefirot zwei Grundfunktionen haben: Einerseits als Lichter, die dazu dienen, zu offenbaren und auszudrücken, und andererseits als Behälter, die das Licht begrenzen und seine spezifischen Eigenschaften offenbaren. Die Sefirot können mit den zwei Händen eines Königs verglichen werden. Manchmal fungiert er mit seiner rechten und manchmal mit seiner linken Hand. Letztendlich ist es jedoch der König, der durch seine Hände fungiert.

Tatsächlich kann man jede Sefira in diese zwei Aspekte, d.h. Lichter und Behälter, unterteilen. Die Lichter der Sefirot sind einfach und haben keine Form. Sie spiegeln G-ttes unendliche Macht, wie sie sich innerhalb der Sefirot manifestiert, dar. Die Behälter haben bestimmte Eigenschaften. Dadurch offenbaren sie G-ttes Allmacht, die auch Begrenzung und Endlichkeit beinhaltet. Durch die Sefirot erschafft und regiert der Ein Sof, der per Definition unendlich ist, die endliche Welt.

Um die Dynamik der Sefirot zu verstehen, können wir uns den Menschen ansehen, denn der Mensch wurde im Ebenbild G-ttes erschaffen. In der Tora wird mehrfach von G-tt gesprochen, als ob Er menschliche Eigenschaften hätte, d.h. von den „Augen G-ttes“ oder der „Hand G-ttes“ u.s.w. Wir wissen aber, daß G-tt keine Gestalt hat. Warum verwendet die Tora dann eine menschliche Beschreibung von G-tt? Die Antwort ist, dass die Tora die menschliche Sprache verwendet. G-tt benutzt die Terminologie seiner Kreatur, um seine Beziehung mit der Welt auszudrücken. G-tt hat keine Augen, aber Er erschafft Augen und kennt alles, was in der Welt geschieht. G-tt hat keine Hände, aber Er bildet Hände, und Seine Vorsehung lenkt das Schicksal der Welt. Wenn die Tora uns sagt, daβ G-tt den Menschen nach seinem Ebenbild erschuf, dann bedeutet das, daβ der Mensch ein Mikrokosmos der Sefirot ist. Die ganze geistige Infrastruktur spiegelt sich in ihm wider. Die Sefirot machen es möglich, daβ wir über G-ttes Immanenz in der Schöpfung sprechen können, d.h. darüber, was er tut, ohne daβ wir direkt darüber sprechen, was Er ist. Diese G-ttlichen Eigenschaften sind im Menschen widergespiegelt, sowohl in seiner geistigen Konstruktion als auch im wörtlichen Sinne in seinem Körperbau. Daher haben die Kabbalisten die Sefirot so dargestellt, daβ sie verschiedenen Gliedmaβen und Funktionen des menschlichen Körpers entsprechen. Wenn man versucht, das Kräfteverhältnis zwischen den Sefirot in den höheren Welten zu verstehen, dann kann man sich auf die menschliche Konstruktion als Modell beziehen und diese Konzepte nach oben spiegeln. So kann man in unserer Sprache die höheren, geistigen Welten bewundern. Man muβ allerdings vorsichtig sein und sich bewuβt sein, daβ dieses menschliche Modell nur eine Abbildung der Sefirot ist. Alle Analogien haben ihre menschliche Dimension, die vielleicht in den höheren Sphären nicht mehr zutrifft.

Um eine erklärende Analogie zu verwenden: Ein Fotoapparat nimmt eine bestimmte Szene auf. Zum Betrachten der Szene wird sie durch Signale über ein Kabel zu einem Bildschirm geschickt. Es ist klar, daβ man, wenn man das Kabel aufschneidet, natürlich keine Miniaturbilder der Szene sieht. Das Signal im Kabel ermöglicht die Übertragung der Szene, aber nicht so, wie wir die Szene sehen, sondern in einer anderen Form. Genauso erscheinen die Sefirot in der stofflichen Welt in ganz anderen Gestalten, als sie im geistigen Schöpfungsprozess erscheinen. Wie das elektronische Signal ganz genau die Erscheinung auf dem Bildschirm bestimmt, genauso bestimmen die Sefirot, wie das Stoffliche in unserer Welt erscheint.

Die Sefirot werden auch im geistigen Aufbau des Menschen widergespiegelt, da jede menschliche Fähigkeit von den himmlischen Sefirot abgeleitet wird. Wenn man die zehn inneren Seelenkräfte in seinem G-ttesdienst auf Erden verwendet, dann kann man ihre Quellen, die Sefirot, in den höheren Welten beeinflussen.

DIE ZEHN SEFIROT

Die zehn Sefirot werden allgemein in zwei Kategorien unterteilt: Intellekt (sechel) und Emotionen (middot). Die Kategorie des Intellekts beinhaltet die drei geistigen Kräfte Chochma, Bina und Daat, die als Abkürzung das Wort Chabad bilden. Die emotionalen Kräfte werden durch sieben Kanäle repräsentiert: Chessed, Gewura, Tiferet, Netzach, Hod, Yesod und Malchut. Sie werden auch als die „Drei Mütter“ und die „Sieben Doppelten“ bezeichnet. Die ersten drei werden als „Mütter“ angesehen, weil sie die Quelle und Wurzel der anderen sieben sind, - so wie eine Mutter die Wurzel ihrer Kinder ist. Die sieben Emotionen werden Doppelte genannt, weil sie sich in zweifacher Weise manifestieren (siehe unten).