Warum gilt das Trankopfer speziell an Sukkot? Was hat das Gebot, fröhlich zu sein, damit zu tun? Warum freuten sich die Frommen und Rechtschaffenen an simchat beit ha-scho’ewa mehr als zu anderen Zeiten?

Der Mensch kann sich nur dann wirklich freuen, wenn er an der Quelle seines Lebens festhält. Das gilt erst recht für den, der von seiner Quelle getrennt war und zu ihr zurückkehrt. So ist es mit Israel: Unser Leben hängt von der g-ttlichen Quelle ab, denn sie ist der Ursprung alles Lebens im Universum. Wir wissen, dass nichts, was wir besitzen, uns gehört, weil nur G-tt uns das Leben und alles andere schenkt. Selbst wenn wir die Tora studieren, die Mizwot einhalten und Gutes tun, ist dies eine Gnade G-ttes, weil wir uns dadurch Verdienste erwerben.

Solange wir daran denken, bleiben wir mit unserer Quelle verbunden. Aber wenn wir im Herzen hochmütig werden und G-tt vergessen - der Himmel verhüte es - und die Unwissenden behaupten: „Das alles verdanken wir unseren Leistungen“ und die Rechtschaffenen sagen: „Das alles verdanken wir unserer Frömmigkeit“ und die Toragelehrten sagen: „Das alles verdanken wir unserer Weisheit“, ist die Existenz unseres Volkes in Gefahr, weil wir uns dann von der Quelle unserer Existenz trennen! Dann nützen selbst die Tora und die Mizwot nichts mehr, weil wir nur aus Hochmut studieren und Mizwot einhalten und weil G-tt den Hochmut verabscheut. Mehr noch: Hochmut führt zu Streit - denn der eine behauptet, er sei dem anderen überlegen. Aber Streit ist G-tt ein Gräuel, weil er den Frieden liebt.

Während des ganzen Jahres versucht der jezer hara in uns, unser Herz zu erobern und unseren Dienst für G-tt zu vergiften. Er versucht, diejenigen hochmütig zu machen, die G-tt dienen und seine Tora studieren, und er versucht, uns alle zum Stolpern und zur Sünde zu verleiten, jeden nach seinem Entwicklungsstand. Jedes Mal, wenn es dem jezer hara gelingt, ins Herz eines Menschen einzudringen, ist Zwietracht unter Juden und Trennung zwischen Israel und G-tt die Folge.

Wenn Jom Kippur kommt und Israel gereinigt wird, verliert der jezer hara seine Herrschaft über uns. Dann kehren Liebe und Harmonie zwischen den Juden zurück, und die Hindernisse zwischen uns und dem Vater im Himmel werden beseitigt.

Wenn Sukkot kommt, geht jeder Jude - der gelehrte wie der einfache - in die Sukka und genießt den Schutz der Schechina. Am Morgen des Festes nehmen wir alle Etrog, Lulaw, Hadas und Arawa und erfüllen damit die Mizwa der vier Arten. Das tun die Ältesten, die Toragelehrten, die Frommen und die einfachen Menschen zugleich und knüpfen dadurch ein Band der Einheit, um den Willen G-ttes zu befolgen. Der Etrog, der schöner ist als die anderen Arten, steht an unserer Seite und drückt Demut aus. Dann wird jede Neigung zum Bösen aus Israel entfernt, und wir kehren alle zu unserer Quelle zurück - zum ewigen Leben. Jeder Jude wirft sich vor G-tt nieder, jedes Herz ist von Ehrfurcht für Ihn erfüllt, und unser inneres Selbst singt: „Du hat uns von allen Völkern auserwählt, du liebst uns und verlangst nach uns.“

„Du hast uns nicht auserwählt, weil wir zahlreicher wären als andere oder wegen unserer Tugend oder Weisheit, sondern nur, weil du uns liebst. Deine Liebe stellt keine Bedingungen. Was kann der Mensch alleine tun? Selbst wenn er rechtschaffen ist - was nützt es dir? Weil du uns erwählt hast - nicht wegen unserer Verdienste -, sind wir in deinen Augen alle gleich. Darum müssen wir einander als gleich betrachten und einander von ganzem Herzen lieben, mit einer Liebe, die von nichts abhängt und die ewig dauert.“

G-tt antwortet Israel durch die Symbolik des Trankopfers: „Wie kostbar sind alle diese Opfer, die ihr das ganze Jahr über darbringt! Und das kostbarste ist das Trankopfer an diesem Fest. Ihr sollt voller Freude Wasser schöpfen, denn dieses Opfer bedeutet keine Mühe. Am Fuße meines Hauses habe ich euch einen Brunnen der Erlösung gegeben, das Wasser von Schiloach. Ihr braucht nicht zu pflanzen, nicht zu pressen, nicht zu reinigen, zu filtern und zu gären - das Opfer macht keine Mühe. Dieses Angebot ist rein, frei von jedem Stolz und von jeder Täuschung. Ihr holt drei Lugin aus dem Brunnen meiner Erlösung und gießt sie auf den Altar, zusammen mit dem Wein, den ihr pflanzen, ernten, pressen, filtern und gären lassen müsst. Wenn die Opfer aufsteigen, so ist es, als hättet ihr mir euch selbst geopfert. Meine Liebe zu euch hat keine Bedingungen, und eurer Wein und euer Wasser sind in meinen Augen gleich. Die Frucht eurer Arbeit ist derjenigen gleich, die ihr ohne Mühe erlangt, und ihr müsst nur in mir jauchzen, so wie ich in euch jauchze, und zwar mit bedingungsloser Liebe.“

Darum kennen rechtschaffene und beherzte Männer, Älteste und Vorbilder, deren ganzes Leben ein Altar der Sühne ist, keine größere Freude als die Feier des Trankopfers, denn sie wissen, dass alles, was sie während des ganzen Jahres für G-tt tun, von ihm angenommen wird wie das Wasser, das sie nun voller Liebe heraufholen.

Mehr noch: Zu dieser Stunde hofft die gesamte Schöpfung und steigt mit ihnen empor - ihre Mitjuden und alle lebenden Wesen, alles was existiert, wird durch das Trankopfer emporgehoben. Das Weinopfer ist den Juden vorbehalten und wird unwirksam, wenn ein Nichtjude es berührt; aber Wasser bleibt für die ganze Menschheit ewig rein, weil seine Quelle rein ist. Wasser ging der Erschaffung der Erde voraus, und auch als die Erde von der Flut zerstört wurde, blieb das Wasser rein.

Darum hat G-tt befohlen: „Gießt Wasser für mich, damit ihr mit Wasser gesegnet werdet.“ Unsere Weisen sagen: „Am Fest wird den Menschen das Wasser zugeteilt.“ Und wenn die Erde mit Wasser gesegnet ist, sind alle Menschen gesegnet, Israel und die anderen Völker. G-tt spricht: „Ich habe aus euch ein Königreich aus Kohanim für alle Völker gemacht. Opfert vor mir das, was in der Schöpfung wurzelt, damit alle Kreaturen dadurch gesegnet werden.“