König Ptolemy II (283 – 246 BCE) wollte eine griechische Übersetzung der Tora (die Septuaginta). Er versammelte hierzu 72 Weise Israels und verbrachte sie in 72 unterschiedliche Räumlichkeiten.1 Anschließend suchte er jeden von ihnen auf und sprach, „Übersetze mir das Buch von Moses, eurem Lehrer.“ Auf wunderbare Weise war die Übersetzung jedes Einzelnen von ihnen identisch, wenngleich sie unabhängig voneinander bestimmte Veränderungen in ihrer jeweiligen Übersetzung vorgenommen hatten. Die jüdischen Weisen fühlten, dass wenn sie Ptolemy G’ttes Worte geben – Ptolemy verleitet würde oder sie gegen das jüdische Volk verwenden würde.

Bemerkenswert ist, dass alle Weisen den ersten Vers der Tora verändert hatten. Anstatt „Bereischit, (Am) Anfang erschuf G’tt …,“ schrieben sie „Elokim (G’tt) erschuf (am) Anfang,“ folglich beginnt die Tora mit dem Buchstaben Aleph, statt dem Buchstaben Beis.

Design

Das Design des Beis, dem zweiten Buchstaben des Aleph-Beis, besteht aus drei Linien: zwei horizontalen und einer vertikalen. Die drei Linien repräsentieren die Himmelsrichtungen Osten, Süden und Westen. Die horizontale Linie oberhalb repräsentiert den Osten, die vertikale Linie den Süden und die horizontale Linie unterhalb den Westen. Das Design des Beis ist gleich dem Weg der Sonne, welche im Osten aufgeht und im Westen untergeht. Der Midrasch2 führt hierzu aus, dass der Buchstabe Beis ähnlich der Erschaffung der Welt ist. Eine zeitliche Betrachtung dessen wird durch Geologen dargelegt. Unterhalb der eisigen Hülle des Südpols kann man den Kontinent Antarktis finden. Aber unterhalb der Eisschicht des Nordpols ist nichts. Der Norden ist „offen.“

Die unmittelbare Lehre, welche wir aus dem Beis ziehen, ist, dass die Welt unvollständig erschaffen wurde. Die Aufgabe der Menschheit ist es folglich, die Schöpfung, durch Perfektion derselben, zu vollenden. Wir tun dies durch unsere guten Taten und indem wir die Welt zu einem besseren Platz zum Leben machen.

Des Weiteren repräsentiert der Norden das Böse, wie es geschrieben steht:3 „Aus dem Norden wird das Böse über alle Bewohner des Landes kommen.“ G’ttes Erklärung ist die direkte Antwort zu Jeremias Vision. Einer Vision, welche die Zerstörung des ersten Heiligen Tempels ankündigte. Und tatsächlich griff Babylon, die Nation, welche den ersten Heiligen Tempel zerstörte, von Norden her an.

Das Verstehen, dass der Norden das Böse repräsentiert, ist nicht genug: wir haben die Verpflichtung dagegen anzugehen und das Böse zu überwinden. Wir müssen uns ebenfalls vergegenwärtigen, dass die „offene“ Seite, dieser nördliche Aspekt, existiert im Innern des Einzelnen, wie auch von außen.

In einem Menschen wird dies Jetzer HaRa – die Neigung zum Bösen - genannt, welche uns in Versuchung führt und uns zur „Sünde“ führt. Das einzige Gegenmittel ist, nach der eigenen Vervollkommnung zu streben, die zur Vervollkommnung der Welt beiträgt. Dieser Tikkun von sich selbst – und folglich von der Welt – wird verkörpert durch das Desogn des Buchstaben Beis.

Gematria

Die Gematria von Beis ist zwei. Zwei repräsentiert Dualität und Pluralität. Alles in der Schöpfung wurde in Paaren geschaffen. Mann und Frau, männlich und weiblich. Diese Aufteilung verdeutlicht uns, dass wir nicht G’tt sind. Nur G’tt kann Einer sein. Für die Menschheit hingegen sind zwei erforderlich um zu erschaffen und sich fortzupflanzen. Beis repräsentiert ebenfalls die Stufe des Intellekts, im Gegensatz zu Aleph, welches den Glauben repräsentiert.

Die Kommentatoren zur Tora fragen,4 “Warum beginnt die Tora mit dem Buchstaben Beis und nicht mit Aleph?” insbesondere wenn der Sohar feststellt, dass das Aleph der heiligste Buchstabe ist (weil er der erste im Aleph-Beis ist).

Der Rebbe gibt die folgende Erklärung: Wenn ein Mensch den Anfang der Tora liest, so wundert er sich: „Warum beginnt die Tora mit einem Beis, dem zweiten Buchstaben des Aleph-Beis? Warum beginnt sie nicht mit dem ersten Buchstaben, dem Aleph?“ Und die Antwort enthüllt es wie folgt:

In Jeremia5 wird die Frage gestellt: „Warum wurde das Land Israel zerstört?“ G’tt antwortet, „Weil das jüdische Volk meine Tora verlassen hat.“ Der Talmud6 sagt, „Was meinst du, sie lernten keine Tora? [Das jüdische Volk lernte fortwährend Tora.]“ Der Talmud folgert, dass der Grund dafür, dass das Land zerstört wurde, war, dass die Juden keine Segen sprachen bevor sie mit dem Studium der Tora begannen.

Was ist der Segen über die Tora? „Gesegnet seist Du, G-TT, unser G-tt, König des Universums, der uns aus allen Völkern erwählt und uns Seine Tora gegeben hat [(d.h., keine von Menschen geschaffene Tora, sondern eine Tora, die Moses Wort für Wort durch G’tt diktiert wurde, und als solche, wahr und unabänderlich für alle Generationen besteht)]. Gelobt seiest Du, Ew’ger, der die Tora gibt.“7

Ein Mensch muss diesen einleitenden Segen aussprechen, bevor er oder sie mit dem Studium der Tora beginnt. Rabbi Joel Sirkis8 erklärt9, dass das Ziel des Tora-Studiums ist es „mit G’tt, durch die Heiligkeit Seines Wortes, eins zu werden und dadurch zu bewirken, dass die Schechina, die Gegenwart G’ttes, mitten unter uns weilt.“ In der tat gibt es zwei Level unser Beziehung zur Tora. Das erste ist, mit der ganzen Überzeugung zu glauben, dass die Tora von G’tt kommt (und deshalb jenseits des menschlichen Intellekts ist); und der zweite, dass es allein aus G’ttes Mitgefühl und Liebe heraus ist, dass Er es uns erlaubt. Die Tora intellektuell zu verstehen.

Wenn jemand die G’ttlichkeit der Tora verleugnet, so kann er deren G’ttlichen Konzepte nicht richtig verstehen. Unserem Intellekt allein ist es nicht möglich die wahre Bedeutung der Inhalte der Tora zu erreichen.

Darum beginnt die Tora mit einem Beis, dem zweiten Buchstaben des Aleph-Beis. Dies spielt darauf an, dass, wenn wir uns bemühen die Tora nur mit unserem Intellekt zu verstehen, es uns am eigentlichen Ziel der Tora ermangelt: eins mit G’tt zu werden – dem Aleph.

König Ptolemy II konnte diese Botschaft des Beis nicht verstehen. Er würde gesagt haben, dass wenn das Beis den Intellekt repräsentiert, der Intellekt angebetet werden müsste. Indem die Septuagina mit einem Aleph beginnt – „G’tt erschuf“ – reflektieren die Rabbiner in Wirklichkeit, dass G’tt – und nicht der Mensch – die bestimmende Kraft in der Welt ist.10

Im Lichte des zuvor gesagten, werden die Worte des Jerusalemer Talmud deutlich. Der Grund dafür, dass die Tora mit einem Beis beginnt ist, dass Beis für Bracha – Segen – steht. Wenn also dem Tora-Studium ein Aleph vorangeht, so wird es mit Intellekt und Verständnis gesegnet sein.

Bedeutung

Die Bedeutung von Beis ist Bajis, welches im Hebräischen „Haus/Heim“ bedeutet. Warum erschuf G’tt die Welt? Der Midrasch11 sagt hierüber, dass G’tt ein Heim wünschte. Wie definiert man ein Heim? Ein Heim ist der Platz, an welchen du zurückkehrst, wenn du die weltlichen Angelegenheiten beendet hast. Du ziehst deine Schuhe aus, ziehst angenehmere Sachen an und entspannst dich. Es ist der Platz, an dem das wahre du lebendig wird. G’tt wollte ebenfalls einen Platz, wo Er Er selbst sein konnte und sich mit seiner Braut, dem jüdischen Volk, vereinigen konnte. Das war das Ziel der Schöpfung. Das ist das Beis des Bajis, dem ersten Buchstaben der Tora, des Plans der Schöpfung.

Wir bemerken, dass die Wurzel des Wortes Bereschit Rosch ist, was Kopf bedeutet. Der Präfix ist Beis. Die letzten beiden Buchstaben des Wortes sind Jud und Tav. Zusammen werden Beis, Jud und Tav Bayis – Haus – ausgesprochen.12 Am Anfang, als G’tt die Welt erschuf, Sein Taawa (Verlangen), war, dass der „Kopf“ (welcher G’tt ist) im Bajis, Seinem Haus, weilen sollte. Und wie erschafft man ein Heim für G’tt? Indem man den Buchstaben Beis lebt. Die drei Linien des Beis werden oft in dem Sinne interpretiert, dass sie für die Säulen stehen, auf welchen die Welt steht: Tora, Gebet und Zedaka (einschließlich guter Taten). Wenn ein Mensch betet, Tora lernt und Zedaka täglich gibt, so baut man ein Heim für G’tt. Das Wort Taawa, hat eine Gematria von 412: Tav=400, Aleph=1, Waw=6, Hei=5. Wenn man die Buchstaben des Wortes Bajis addiert: Beis=2, Jud=10, Tav=400, sind diese ebenfalls 412.13

Die zuvor erwähnten drei Linien des Beis – die Säulen: Tora, Gebet und Zedaka (einschließlich guter Taten) – gehen auf die drei Himmelsrichtungen seines Designs zurück. Da das Beis auch die offene Richtung, die nördliche, welche für das Böse steht, beinhaltet, verkörpert der Buchstabe eine innere Spannung. Sein Mangel, bezüglich der physischen Geschlossenheit, stellt sowohl eine Einladung als auch eine potentielle Gefahr das, und beide zielen auf die Verpflichtung des jüdischen Volkes die Schöpfung G’ttes zu vollenden, sein Heim zu beenden und die Welt zu perfektionieren. Wir tun dieses, indem wir G’ttlichkeit in unsere Welt bringen und indem wir gemäß dem Buchstaben Beis handeln. Wir erfüllen unsere Verpflichtung, indem wir Tora lernen, beten und Zedaka geben. Dann und nur dann wird G’tt in seinem Haus innewohnen und wir werden wirklich eine Welt der Bracha verdienen.