Frage?
Die Mesusa am Türpfosten unseres Hauses scheint als »Leuchtturm« zu dienen, der spendensuchende Menschen zu allen Abend- und Nachtstunden an unsere Tür leitet und lockt. Viele dieser Menschen scheinen Geld zu fordern, nicht zu erbitten. Ehrlich gesagt haben wir uns überlegt, die Mesusa von unserer Eingangstür zu entfernen. Wozu raten Sie?
Dr. med. Arthur G.
Antwort!
Ach hören Sie auf, Herr Doktor, so schlimm kann das doch nicht sein! Ich kann nachempfinden, dass Sie sich bisweilen belästigt fühlen. Wir sind kürzlich in ein sehr jüdisches Viertel gezogen, und erleben nun etwas Ähnliches. Aber wir sollten versuchen, das größere Bild im Auge zu behalten.
Wie Sie wahrscheinlich wissen, zählen Juden zu den größten Mäzenen philantropischer Projekte in den USA, Großbritannien und anderswo. In vergangenen Zeiten wusste selbst der nichtjüdische Bettler, dass es mehr Hilfe vom verarmten, unterdrückten Juden zu erwarten gab als von seinem eigenen Schlag. Und die Weisen des Talmud lehrten, dass sich ein Jude durch drei Eigenschaften auszeichnet: Erbarmen, Schamgefühl, und dem Drang nach guten Taten. Fehlt eine davon, so die Weisen weiter, sei er/sie von fragwürdiger Abstammung.
Sie haben natürlich Recht, es gibt einige recht lästige Zeitgenossen, die hin und wieder auftauchen. Doch die überwältigende Mehrheit sind Menschen mit ernst zu nehmenden Anliegen. Die meisten repräsentieren eine Institution in Israel. Viele haben ein Familienmitglied in akuter Bedrängnis.Wir betrachten es als großes Privileg, und als vornehme Tradition des Judentums, solche Personen zu unterstützen.
Anstatt einen Rückzieher zu machen und Ihre Mesusa herunterzunehmen (was auch nicht helfen wird, da sie jetzt schon Ihre Adresse haben!), könnte ich mehrere Vorschläge machen:
- Verlangen Sie immer nach einem Empfehlungsschreiben einer anerkannten Autorität/etablierten Institution.
- Setzen Sie einen geringen Betrag fest, den Sie dem Standard-Türklopfer überreichen. Wenn der beginnt, mit Forderungen zu kommen, kann man höflich und bestimmt sagen – und wenn nötig mehrmals wiederholen – »Das ist, was ich allen gebe. Ich muss fair sein.« Wenn es sich um jemanden handelt, der in wirklich dringender Not zu sein scheint, gehen Sie hinauf. Manche nehmen als Standard-Betrag 18 Euro, manche 5, andere wieder 100 Euro. Alles Ihrer Entscheidung gemäß. Später können Sie immer noch dazulegen.
- Viele Menschen in Ihrer Situation bringen draußen auf der Tür einen Hinweis an mit »Empfangsstunden für Fund-Raiser«. Bitten Sie jemanden, auch eine hebräische Version für Sie zu schreiben.
Ich weiß nicht, ob sie jemals Hilfe nötig hatten, auf der Straße etwa oder in einer dieser Krisen, die finanziellen Ruin bringen. Ich kann Ihnen im Vertrauen sagen, es ist nicht spaßig. Und die Demütigung, wenn einem Leute das Geld mit Widerwillen zustecken, ist ärger als Salz auf Wunden.
Wer es auf sich genommen hat, Mittel für eine Institution einzuwerben, steht vor keiner leichten Aufgabe. Oft handelt es sich sogar um Lehrer oder berühmte Rabbiner der jeweiligen Einrichtung. Sie sind gezwungen, viele Monate hindurch von Familie und Heim getrennt zu verbringen. Diese Erfahrung ist sehr mühsam und oft auch entwürdigend. Sie und ich können versuchen, es diesen Leuten ein bisschen einfacher zu machen mit einigen simplen Gesten, wie etwa dem Anbieten eines Kaffees, der Benutzung der Toilette, oder selbst einem einfachen Lächeln und Wünschen für gutes Gelingen.
Und was die lästigen Schnorrertypen betrifft, vielleicht könnten Sie uns allen einen Gefallen tun und ihnen ein Rezept für Wellbutrin oder etwas Ähnliches schreiben.
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