Ein Chassid wartete auf eine Begegnung mit seinem Rebbe und hoffte, dieser werde ihm bei seinen spirituellen Problemen helfen. Einerseits wollte er den Rebbe unbedingt sehen, denn er war davon überzeugt, die Inspiration zu erhalten, die ihn aus seiner spirituellen Trägheit aufrütteln würde. Andererseits zögerte er, weil er wusste, dass der Rebbe seine Gedanken lesen konnte – auch die unerwünschten Gedanken, die ihm manchmal durch den Kopf gingen.

Er überlegte hin und her. Sollte er zum Rebbe gehen oder nicht? Dann hatte er eine Eingebung. Auch G–tt las seine Gedanken, und dennoch war es ihm nicht peinlich, vor G–tt zu stehen. Und wenn er vor G–tt stehen konnte, dann konnte er auch vor seinem Rebbe stehen.

Also ging er entschlossen zur Tür des Rebbe. Bevor er sie erreichte, kam der Rebbe aus dem Zimmer und sagte: „G-tt ist geduldig. Ich bin es nicht.“ Ein Rebbe bekommt den Mantel des Mentors, weil er Menschen von der Einstellung „Das tue ich morgen“ befreien kann. Diese Haltung verhindert, dass wir aktiv die Aufgabe erfüllen, die G–tt uns zugewiesen hat.