Viele Menschen versammelten sich vor dem großen Tisch und schauten auf ihren Rebbe, Rabbi Awraham Weinberg, den Slonimer Rebbe. Er stand vor den Dochten der Chanukka-Menora und meditierte. Niemand wusste, warum er die Kerzen noch nicht anzünden wollte. Hunderte von Chassidim standen ergriffen da und schauten zu, wie ihr Rebbe sich auf diese Mizwa vorbereitete.
Sie warteten mit angehaltenem Atem auf den herrlichen Augenblick, wenn er die Wachskerze in die Hand nehmen und den Segen sprechen würde. Minuten kamen ihnen wie Stunden vor. Dann begann der Rebbe mit dem Segen. Er erfüllte jedes Wort mit kabbalistischer Bedeutung, und jeder Chassid erfasste die Heiligkeit des Augenblicks je nach seiner spirituellen Entwicklung.
Plötzlich ertönte ein lauter Schrei: „Helft mir!“ und riss alle aus ihrer Andacht. Auch der Rebbe wandte sein verzücktes Gesicht dem anderen Ende der Synagoge zu. Dort stand eine Frau, die ihre Hände zum Himmel streckte und bitterlich weinte. Sie war offensichtlich nicht die Frau eines Chassids und nicht einmal mit dem Rebbe oder der chassidischen Lebensweise verbunden.
„Wer ist das?“, murmelten einige Leute. Die verstörte Frau lebte mit ihrer Familie in der Stadt. Ihr Mann war ein reicher und angesehener Geschäftsmann, der noch nie eine chassidische Synagoge betreten hatte. Er und seine Freunde lachten über die Bräuche der Chassidim. Viele Jahre lang hatte das Paar keine Kinder. Als ihnen endlich ein Sohn geboren wurde, waren sie schon alt. Ihr Glück kannte keine Grenzen.
Aber am Vorabend von Chanukka wurde der Knabe krank. Die Ärzte versorgten ihn mit großer Hingabe, konnten ihm aber nicht helfen. Sein Fieber stieg von Tag zu Tag. An diesem Abend hatte das Kind das Bewusstsein verloren, und die Ärzte standen machtlos daneben. Der Vater war verzweifelt und verbittert, aber die Mutter ertrug das Leiden ihres Kindes nicht und verließ das Haus. Sie wusste nicht, wohin sie ging.
Ihre Füße schienen einen eigenen Willen zu haben, und plötzlich stand sie vor der Synagoge, wo der Rebbe eben die Chanukka-Lichter anzünden wollte.
„Rebbe, helft mir!“, rief die Frau, und ihre Stimme halte in der ganzen Synagoge wider.
„Sag ihr, sie soll sich keine Sorgen machen“, wies der Rebbe leise einen seiner Schüler an. „Sie soll nach Hause gehen und ihren Mann bitten, dem Namen seines Sohnes den Namen Matitjahus hinzuzufügen. Dieser große Zadik, der Vater der Makkabäer, opferte sein Leben für das jüdische Volk und G-tt, und dank seiner Verdienste wird das Leben des Kindes verlängert werden. Sobald es sich ganz erholt hat, soll sein Vater 18 Rubel für das Heilige Land spenden.“
Als am folgenden Tag die Chanukka-Kerzen angezündet wurden, sah man ein neues Gesicht in der Synagoge. Es war der Vater von Matitjahu, der dem Rebbe 18 Rubel gebracht hatte, als Pidjon Nefesch für seinen Sohn, der vollständig genesen war.
ב"ה
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