Die gute Nachricht sprach sich schnell in der Stadt herum. Rebbe Mordechai von Tschernobyl würde bald zu Besuch kommen, um die ersten Tage von Chanukka zu feiern!

Ein Chassid ist aufgeregt, wenn er seinen Rebbe sehen darf. Aber es gab noch andere Gründe zur Freude. Der Rebbe wollte nämlich abends einen seiner Chassidim mit seinem Besuch beehren. Alle Chassidim würden bei diesem Tee dabei sein, und der Rebbe würde Worte der Tora sprechen, um die Seelen der Chassidim zu erleuchten.

Am Ende des Abends würde der Rebbe seinen Gastgeber segnen und ihm materielle und spirituelle Fülle wünschen. Alle wussten, dass die 18 Goldrubel, die der Rebbe für seinen Besuch „berechnete“, für mildtätige Zwecke verwendet würden. Der Gastgeber würde also durch die heilige Hand des Rebbe spenden.

Itsche, der Geizhals, begrüßte den Rebbe mit allen anderen Chassidim, als er in der Stadt eintraf. Itsches Vater war ein bekannter Geschäftsmann gewesen. Wie sein Vater war auch Itsche ein Chassid.

Doch anders als sein Vater waren ihm sein Geschäft, sein luxuriöses Haus und die teuren Möbel am wichtigsten. Es fiel ihm schwer, auch nur einen Nickel zu spenden. Man kann sich also vorstellen, was er empfand, als der Rebbe ihn ansah und sagte: „Itsche, möchtest du mein Gastgeber beim Tee sein?“

Natürlich antwortete Itsche: „Es wäre mir eine Ehre, Rebbe.“

Doch innerlich geriet er in Panik. Tee mit dem Rebbe und allen Chassidim! Sie würden sein Haus verwüsten! Dann hatte er eine Idee. Er wollte sich an die Tür stellen und nur den Rebbe einlassen. Ein wundervoller Plan. Itsche war erleichtert. Es würde ihn 18 Goldrubel kosten, aber seine teuren Teppiche und Antiquitäten würden heil bleiben.

Itsche war sicher, dass sein Plan aufgehen würde, bis der Rebbe sagte: „Itsche, würdest du mich bitte persönlich zu deinem Haus bringen?“ Itsches Gedanken rasten. Wenn er den Rebbe in seiner Kutsche beförderte und rasch zu seinem Haus brachte, würden sie lange vor den Chassidim eintreffen, die zu Fuß gingen. Dann konnte er die Haustür verriegeln, so dass niemand sonst eintreten konnte. Er seufzte vor Erleichterung.

Der erste Abend von Chanukka kam. Itsche zündete mit seiner Familie die Menora an. Dann setzte er sich eine Weile vor die Kerzen. Er warf einen letzten Blick auf sein schönes Heim und fuhr dann los, um den Rebbe abzuholen. Als er ankam, zündete der Rebbe die Menora an und sprach den Segen. Alle Chassidim sagten „Amen“. Dann sangen sie Niggunim, wortlose Seelenmelodien, während der Rebbe im Licht der kleinen Flamme meditierte.

Eine Aura der Ruhe durchdrang den Raum, außer in Itsches Ecke. Schließlich gab der Rebbe Itsche das Zeichen zum Aufbruch.

Itsche befahl seinem Kutscher, so schnell wie möglich zu fahren. Er wollte mit G-ttes Hilfe einen großen Vorsprung vor den Chassidim gewinnen. Doch auf halbem Weg ließ der Rebbe anhalten. Er wandte sich Itsche zu und sagte: „Ich wusste nicht, dass dein Haus so weit weg ist. Eine so lange Reise war in meinem ursprünglichen Preis nicht inbegriffen. Wenn du willst, dass ich weiterfahre, musst du mir noch einmal 18 Goldrubel zahlen.“

Da die Chassidim sie fast schon eingeholt hatten, musste Itsche einwilligen. Achtzehn Rubel waren immer noch weniger als die Kosten für neue Teppiche und Möbel. Kurze Zeit später kamen sie bei Itsches Haus an. Der Rebbe starrte die 15 Stufen an, die zur Haustür führten. „Ich wusste nicht, dass du so viele Stufen hast, lieber Itsche. Das war in meinem ursprünglichen Preis nicht inbegriffen. Wenn du willst, dass ich ins Haus gehe, musst du mir für jede Stufe 18 Goldrubel zahlen!“

Itsche fiel beinahe in Ohnmacht. Bevor er antworten konnte, waren die Chassidim da und begleiteten den Rebbe die Treppe hinauf ins Haus. Die Szene, die sich nun vor Itsches Augen abspielte, war genau das, was er befürchtet hatte. Er konnte sich nicht einmal auf die heiligen Worte des Rebbe zu Chanukka konzentrieren.

Als der Abend zu Ende war, stieß Itsche einen erleichterten Seufzer aus, und als der Rebbe sich verabschieden wollte, fiel Itsche plötzlich ein, ihn um seinen Segen für die Familie zu bitten. Das würde gewiss alles andere wettmachen.

Rasch versammelte er seine Kinder und Enkel und bat: „Rebbe, bitte segnet meine Familie.“ Der Rebbe schaute ihn überrascht an. „Deine Familie segnen? Ich habe keinen Segen für sie.“

Er drehte sich um und ging traurig fort. Itsche hatte das Gefühl, die Erde öffne sich unter seinen Füßen. „Rebbe!“, rief er verzweifelt. Der Rebbe sah ihn lange und streng an.

„Wenn ich deine Familie segnen soll, musst du mir dein ganzes Vermögen überschreiben“, sagte er ernst. Aber wie konnte er alles dem Rebbe geben? Er hätte dann keinen Pfennig mehr! Itsche glaubte zu ertrinken.

Eine Ewigkeit schien zu vergehen. Doch dann schaute er dem Rebbe in die Augen und sah Mitgefühl darin. Mit seiner letzten Unze Kraft sagte er: „Wenn es sein muss, dann werde ich es tun.“ Dann fiel er in Ohnmacht. Wie durch einen Nebel hörte er den Rebbe sagen: „Masel Tow, Itsche, Masel Tow!“ Dann segnete der Rebbe Itsche und seine ganze Familie. „Mögest du und deine Familie von heute an nur Freude und Gesundheit und Wohlstand genießen.“

Lange flossen Segenssprüche von den Lippen des Rebbe, jeder größer als der vorherige. „Itsche, du hast soeben einen großen Kampf gegen deine bösen Neigungen gewonnen. Bis vor wenigen Augenblicken hast du deinen Reichtum nicht besessen - er gehörte deinen bösen Neigungen! Als du bereit warst, mir deinen ganzen Besitz zu geben, konnte ich den bösen Neigungen deinen Reichtum entwinden. Jetzt gebe ich ihn dir als Chanukka- Geld zurück. Nutze ihn gut, lieber Itsche. Nutze ihn von nun an gut.“

Itsche dankte dem Rebbe und begann, Hunderte von Goldrubeln aus seiner Brieftasche zu holen. Doch der Rebbe wies sie zurück. „Ich nehme nur 18 Goldrubel für den Tee.“

Von da an war Itsche ein neuer Mensch, und auch sein Haus war ganz anders als bisher. Das ganze Jahr lang teilte Itsche sein „Chanukka- Geld“ großzügig mit anderen.