„Wenn ein Mann eine Frau geheiratet hat, er aber an ihr etwas Anstößiges findet, dann stellt er ihr eine Scheidungsurkunde aus, übergibt sie ihr und schickt sie aus seinem Hause fort. Sie verlässt sein Haus und geht, einen anderen Mann zu heiraten.“ - Deuteronomium 24:1-2.

Der „Get“

Nach biblischem Recht kann nur der Mann mit einem Scheidungsbrief an seine Frau den Bund der Ehe lösen. Dieses Dokument, besser unter seinem aramäischen Namen „Get“ bekannt, dient nicht nur als Scheidungsbeweis, so dass erneut geheiratet werden darf möchten, sondern der Get hat eine tatsächliche Auswirkung auf die Scheidung an sich.

Der gleiche G-tt, der die vorgeschriebene Formel für die Verschmelzung zweier Seelen unter dem Hochzeitsbaldachin befohlen hat, gab ebenfalls detaillierten Anweisungen, wie diese zwei Seelen wieder unabhängig voneinander getrennt werden können.Obwohl uns das jüdische Gesetz dazu verpflichtet, den Gesetzen des Landes zu folgen, - und das betrifft auch das Scheidungsverfahren, - kann eine zivilrechtliche Scheidung keinen halachischen „Get“ (nach jüdischem Gesetz) ersetzen. Ohne Get ist das Paar in den Augen des jüdischen Gesetzes immer noch zu 100% verheiratet, egal wie lange das Paar getrennt lebt und wie viele zivile Scheidungsdokumente es besitzt.

Die Ehe ist nicht schlechthin eine Vereinbarung zwischen zwei Personen. Es ist eine Vereinigung von zwei Seelen, - und die ist nicht so einfach zu lösen. Der gleiche G-tt, der die vorgeschriebene Formel für die Verschmelzung zweier Seelen unter dem Hochzeitsbaldachin befohlen hat, gab ebenfalls detaillierten Anweisungen, wie diese zwei Seelen wieder unabhängig voneinander getrennt werden können.

Das Dokument

Der bezeugte und datierte Get ist ein Dokument, in dem der Mann seine uneingeschränkte Absicht zur Scheidung von seiner Frau zum Ausdruck bringt. Er löst damit sämtliche Verbindungen zu ihr.

Der Get wird von einem Schriftgelehrten geschrieben, der als Vertreter des Mannes agiert. Jeder Get ist individuell auf das jeweilige Scheidungspaar zugeschnitten. Eines der wichtigsten Regeln für das Schreiben eines Gets ist es, dass er speziell für diesen Mann und diese Frau geschrieben wurde. Somit sind vorgeschriebene Get-Formulare ausgeschlossen.

Der Get kann in jeder Sprache verfasst werden, solange er die wichtigen Wörter und Phrasen enthält, die das jüdische Gesetz für ein Scheidungsdokument vorsieht. Trotzdem ist es jüdischer Brauch, den Get in Aramäisch zu schreiben. Es ist eine uralte Tradition, dass der Get in zwölf Zeilen geschrieben wird. Die Zeugen unterzeichnen auf den davor gesehenen Linien unter dem Text.

Die Übermittlung

Das gesamte Get-Verfahren wird vor einem Bejt Din durchgeführt (rabbinisches Gericht, bestehend aus drei Rabbinern). Obwohl für die Wirksamkeit der Scheidung nur die Anwesenheit des Mannes, der Frau und zweier Zeugen erforderlich ist, erfordert die Komplexität des Scheidungsprozesses die Gegenwart von Experten auf diesem Gebiet. Es ist ein rabbinisches Gesetz, dass der Get automatisch ungültig ist, wenn er nicht in Anwesenheit von Experten geschrieben wurde.

Nachdem das Dokument vom Schriftgelehrten verfasst ist, übergibt der Mann seiner Frau den Get im Beisein von zwei koscheren Zeugen. Ab diesem Zeitpunkt ist die Ehe geschieden und der Bejt Din bescheinigt beiden ihren neuen Familienstand.

Es ist ein rabbinisches Gesetz, dass der Get automatisch ungültig ist, wenn er nicht in Anwesenheit von Experten geschrieben wurde.Wenn Mann und Frau nicht gemeinsam vor dem Bejt Din auftreten können, kann der Mann einen Boten beauftragen, der an seiner Stelle das Scheidungsdokument seiner geschiedenen Frau überbringt. Ebenso kann die Ehefrau ein Vertreter ernennen, der in ihrem Namen den Get entgegennimmt. Die Bestellung solcher Vertreter ist ein halachisch sehr komplexer Vorgang, der auch in Gegenwart eines Bejt Din erfolgen muss.

In beiderseitigem Einvernehmen

Ein zentraler Punkt des Get-Prozesses ist die Zustimmung beider Parteien zu diesem Verfahren. „Und sie gefällt ihm nicht in seinen Augen“ – daraus lernen wir, dass das Dokument nur gültig ist, wenn es des Mannes Wunsches ist, sich von seiner Frau scheiden zu lassen.1

Ursprünglich war die Zustimmung der Frau für eine Scheidung nicht maßgebend. Dies änderte sich vor etwa 1.000 Jahren, als der bekannte deutsche Gelehrte, Rabbi Gerschom – „das Licht der Diaspora“ – dem Mann verbot, sich von seiner Frau ohne ihre Zustimmung scheiden zu lassen.

Die Einwilligung ist nur dann wirksam, wenn Mann und Frau gesund und nüchtern zum Zeitpunkt der Scheidung sind.

Die Nachwirkung

Nachdem das Paar geschieden wurde, sollten beide nur noch minimalen, Kontakt miteinander haben. Die Weisen waren darüber besorgt, dass die frühere Intimität und Bequemlichkeiten des Ehelebens sie zu einem unangemessen Umgang als unverheiratetes Paar führen könnten. Das jüdische Gesetz erlegt dem Ex-Ehepaar bestimmte Beschränkungen auf, z.B. kein gemeinsamer Verbleib in der gleichen Wohnanlage.

Abschließend sei erwähnt, dass es Geschiedenen nicht verboten ist, eines Tages wieder zusammen zu kommen. Es wird als besondere Mizwa angesehen, den geschiedenen Ehegatten erneut zu heiraten.2