Zu Beginn unseres Wochenabschnitts wird das Gebot des Schmita-Jahres behandelt: Wenn ihr in das Land kommt ... so soll das Land seinen Schabbat für G-tt ruhen.1 In diesem Jahr ist es verboten, Land in Israel zu bewirtschaften, wie weiter steht: Sechs Jahre besäe dein Feld . . . aber im siebenten Jahr sei ein Schabbat für das Land.
Die Reihenfolge dieser Verse macht stutzig: Es macht den Anschein, als ob gleich nachdem das jüdische Volk in das Land Israel kommt, das Schmita-Jahr in Kraft tritt; noch bevor es überhaupt bearbeitet wurde. Tatsächlich wird das Schmita-Jahr erst nach sechs Jahren der Arbeit eingehalten.
Auf diese Weise erfolgte auch das erste Schmita-Jahr in der Geschichte: Man eroberte zuerst das Land Israel und teilte es unter den Stämmen auf. Dann begann man mit der Zählung der sechs Arbeitsjahre und legte das siebte Jahr als Schmita-Jahr fest.
Sinn der Arbeit
Die Thora will uns damit den Sinn und Zweck der sechs Arbeitsjahre vor Augen halten. Der Mensch könnte meinen, dass die Hauptsache die sechs Jahre der Arbeit sind und der Sinn des Schmita-Jahres darin liegt, Ruhe zu schaffen. Doch die Thora lehrt uns, dass aller Sinn von den sechs Jahren der Arbeit, das geheiligte Schmita-Jahr ist. Deshalb erwähnt die Thora zuerst die Ruhe im Schmita-Jahr und danach die sechs Jahre der Arbeit, um anzudeuten, dass das Schmita-Jahr die Hauptsache ist.
Praktisch muss man natürlich zuerst sechs Jahre arbeiten, um das Schmita-Jahr zu erreichen. Doch während dieser Zeit muss sich der Jude stets vor Augen halten, dass der Sinn all seiner Arbeit das siebente Jahr ist, eine Zeit der physischen Ruhe und des geistigen Aufstiegs. G-tt übergab nämlich das Land Israel an das jüdische Volk, wo es sich mit der Landarbeit beschäftigen muss, nicht etwa der Arbeit selbst wegen, sondern damit das jüdische Volk durch seine Auseinandersetzung mit dem Weltlichen auch darin Heiligkeit einfließen lässt. Das ist die Hauptsache, ausgedrückt durch das Schmita-Jahr.
Siebtes Jahrtausend
In einem breiteren Sinn deutet dieses Prinzip auf die universale Aufgabe der Menschheit. Der Talmud lehrt, dass die Welt sich in sechstausend Jahren der Arbeit aufteilt,2 ab dem siebten Jahrtausend der „Schabbat“ einbricht und ewig bestehen wird.3
Daraufhin lehrt die Thora: „Wenn ihr kommt in das Land“ – sobald die g-ttliche Seele zur Erde, der materiellen Welt, hinabsteigt und nun „sechstausend Jahre der Arbeit“ vor sich hat, muss sie sich über ihr Ziel im Klaren sein, nämlich die Welt in so einen Zustand zu bringen, sodass sie „ein Schabbat für G-tt“ sein kann; eine Welt voller Frieden, Güte und Gerechtigkeit. Das ist das siebte Jahrtausend, die Ära des Maschiach!
Dieses Ziel muss den Juden sein ganzes Leben begleiten – aus der Welt einen besseren, heiligeren Ort zu machen, zu einem gehobenen Platz, sodass sie ein „Wohnort für G-tt“4 sein kann. Dies bewirkt er durch das Ausüben der g-ttlichen Mitzwot. Und die Nichtjuden, indem sie ihre sieben Noachidischen Gebote einhalten.
Jeden Tag Schabbat
Das Prinzip des Schmita-Jahres begleitet den Juden auch in seinem Alltag. Es ist zwar natürlich, dass der Mensch den Großteil seiner Zeit seinen körperlichen Bedürfnissen widmet – dem Geschäftsleben, Essen und Schlafen. Dennoch darf er nicht vergessen, dass die Hauptsache der „Schabbat“ ist, die Bereiche der Geistigkeit! Die kostbare Zeit für das Thorastudium, das Gebet und die Mitzwot, auch wenn die Zeit gering ist, sie ist der wahre Sinn des ganzen Tages.
Mit dieser Erkenntnis beginnt der Jude seinen Tag, indem er gleich bei seinem Erwachen das „Mode Ani“ spricht. Damit drückt er aus, dass es einen Herrn für diese Welt gibt, der an den Menschen eine Aufgabe stellt. Und diese es ist, der Welt „den Schabbat“ zu bringen, durch das Ausüben von Mitzwot und guten Taten.
(Sefer HaSichot, Band 5, Seite 471)
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