Das erste Wort im dritten Buch Mose ist mit einem „kleinen Alef“ geschrieben (ויקרא). Dieses symbolisiert die Bescheidenheit Moses, welchen die Thora (trotz seiner herausragenden Persönlichkeit) als den bescheidensten Menschen auf der ganzen Welt1 nennt.
Aber dieses Alef ist nicht das einzige Außergewöhnliche in der Heiligen Schrift. Zu Beginn der Chronik, den letzten Büchern der Heiligen Schrift, ragt ein weiteres Alef hervor. Es ist das von „Adam“ (אדם), des ersten Menschen. Im Gegensatz zu unserem Alef aber, ist dieses ein „großes Alef“. Es drückt die gewaltige Größe Adams aus – das einzige Geschöpf, geformt von den Händen G-ttes.
Die meisten Buchstaben in der Thora sind mittelmäßig. So auch soll der Durchschnittsmensch „die goldene Mitte“ erreichen.2 Die Thora ist es, welche uns „den Weg der goldenen Mitte“ erreichen lässt. Aber es gibt ebenfalls „kleine“ und „große“ Buchstaben und es liegt an uns, auch von ihnen zu lernen.
Das große Alef von Adam zeigt seine überwältigende Größe, bis sogar G-tt über ihn bezeugt, dass seine Weisheit sogar die der Engel übertraf.3 Dies lehrt uns, dass der Mensch sich seiner (geistigen) Größe bewusst sein und seine ihm gegebenen Talente anerkennen und benutzen soll. Denn so wie der Mensch seine Schwächen zu akzeptieren hat und sie sich klar vor Augen halten muss (damit er diese verbessern kann), so liegt es auch an ihm, seine Stärken zu kennen!
Der Fall des Menschen
Aber das Erkennen seiner eigenen Größe, darf den Menschen nicht blenden und zu Überheblichkeit führen. Adam symbolisiert auch den großen Fall durch die erste Sünde. Daraus können wir lernen, dass die Erkennung seiner Stärken, wenn der Mensch sie sich nur selbst zuspricht, ihn auch zum Fall bringen kann! Wie groß der Mensch auch sein mag, niemals darf er sich Überheblichkeit aneignen! Das Gefühl von Bescheidenheit und Demut soll ihn ständig begleiten, wie es das kleine Alef von Mose symbolisiert.
Auch Mose war sich seiner Größe bewusst – Prophet der Propheten! Und trotzdem sprach Mose in seinem Herzen, dass all seine Größe nicht sein Verdienst war, sondern ihm gegeben, durch die Gnade G-ttes. Und deshalb gab es auch keinen Grund zum Hochmut, denn hätte G-tt jemand Anderen diese Größe verliehen, so wäre dieser sicher herausragender und fähiger gewesen, diese Kräfte besser zu gebrauchen, dachte Mose. Auf diese Weise war Mose bescheidener als jeder andere.
Demütiger Stolz
An dem Juden liegt es, von den beiden besonderen Persönlichkeiten Mose und Adam zu lernen. Ein Jude muss sich immer vor Augen halten: Er ist ein Sprössling der gigantischen Vorväter Israels, Awraham, Itzchak und Jakow. Er ist Teil des auserwählten Volkes, mit welchem G-tt Angesicht zu Angesicht gesprochen hat! Seine jüdische Identität macht ihn zu etwas Besonderem. Deshalb kann und soll er stolz hinter seinem Judentum stehen! Jahrtausendalte Geschichte und Tradition werden in seine Hände gelegt und er bekommt auch die Kräfte, sein Judentum richtig zu verkörpern.
Aber mit all diesen Privilegien darf er nie vergessen, dass all seine Besonderheiten nicht sein Verdienst sind. G-tt verlieh ihm all dies mit einer bestimmten Absicht, nämlich, dass er seine Aufgabe auf Erden voll und ganz erfülle! Deshalb soll er demütig und bescheiden sein und sich jeder Überheblichkeit enteignen!
Diese Tugend wird auch den Maschiach prägen. Trotz seiner alles überragenden Persönlichkeit – „höher als Awraham, erhobener als Mose, größer als die Engel und sogar dem ersten Menschen“4, wird ihn gerade seine tugendhafte Bescheidenheit hervorheben! Davon wird auch die ganze Welt zur vollkommenen Erlösung geprägt sein, denn in jener Zeit wird es keinen Neid, Hass und Wettlauf geben (das Produkt der Hochmut) und die einzige Beschäftigung der Welt wird von dem Streben nach der Bindung zu G-tt erfüllt sein!5
(Likutej Sichot, Band 17, Seite 1)
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