Wäre es möglich, daß die meisten Auseinandersetzungen unnötig sind? Daß Sorgen fast immer unbegründet sind? Ja, das ist möglich. Überlegen wir einmal, warum.
Sie diskutieren mit einem Freund. Er meint, die Regierung sollte die Bauern nicht länger subventionieren. Sie halten die Landwirtschaft für einen wichtigen Wirtschaftszweig, der vor Importen geschützt werden muß. Das Gespräch wird hitziger. Ihre Stimme wird lauter, er ballt die Fäuste. Fast hätten Sie ihm Ihren Kaffee ins Gesicht geschüttet.
Oder Sie wollen am Rande Ihres Grundstücks einen Garten anlegen. Sie fragen sich, ob Ihre Tomaten wohl in den Garten der Nachbarin vordringen. Wird sie sich ein paar “borgen”? Wird sie Ihnen die “Übertretung” verbieten? Müssen Sie die Grundstücksgrenze neu vermessen lassen? Ist das alles wichtig?
Solche Probleme haben scheinbar gar nichts mit unseren üblichen Themen zu tun: dem Judentum, der Tora und den Mizwot. Aber das täuscht.
Der Titel des Wochenabschnitts Acharej bedeutet “danach”. Damit ist die Zeit nach dem Tod von Aarons Söhnen Nadaw und Awihu gemeint. Sie starben, weil Sie dem H-rrn ein unerlaubtes Räucherwerk opferten: “Und Feuer ging aus von G–tt und verzehrte sie.” Daß der Wochenabschnitt Acharej heißt und nicht Acharej Mot (“nach dem Tod”) macht aus dem negativen Ende ein positives Potential für das jüdische Volk. Obwohl die beiden Männer auf irdische Weise bestraft worden waren, wurde ihre Absicht auf himmlische Weise belohnt (man nahm an, daß Aarons Söhne jetzt G-tt näher waren).
Wie sollen wir das verstehen? Erstens: Wir müssen G-ttes Geboten gehorchen. Zweitens: Wir müssen verstehen, worin der Zweck der Gebote liegt: uns G-tt näher zu bringen. Aber was hat das mit den Bauern und den Tomaten zu tun?
G-tt will nicht, daß wir so sehr in der Religion aufgehen (wie Nadaw und Awihu), daß wir ihre Bedeutung vergessen. Religion ist nicht mit dem Auswendiglernen von Vokabeln vergleichbar. Wir müssen den Sinn unseres Tuns begreifen und spüren: diese Welt besser zu machen. Darum ist alles, was wir tun, ein Teil dieses Ziels. Die Tora ist nicht von unseren alltäglichen Verrichtungen zu trennen, sie ist unmittelbar mit ihnen verbunden. Darum müssen wir unseren Eifer und unsere Sorgen aus dem richtigen Blickwinkel sehen. Wir müssen uns fragen: “Und was geschieht dann?” Stellen Sie diese Frage immer wieder, dann wird Ihnen klar, ob ein bestimmtes Problem wichtig ist oder nicht.
“Und dann?” führt Sie letztlich zu den zentralen Anliegen des Lebens. Diese Frage vertreibt unbedeutende Gedanken aus dem Kopf und hilft Ihnen, sich auf die wahre Bedeutung Ihres Tuns zu konzentrieren. Und wenn Sie diese kennen – wer weiß, was dann geschieht?
Diskutieren Sie mit