Der Wochenabschnitt »Matot« beginnt mit Vorschriften über die richtige Durchführung eines Gelübdes, das jemand freiwillig auf sich nehmen will. Im ersten Satz heißt es, dass Moses diese Anweisungen den Stämmen Israels mitgeteilt hat – und das hebräische Wort, das hier für »Stämme« verwendet wird ist eben jenes »matot«, das dem ganzen Abschnitt seinen Namen gibt.
Nun kann das Wort »matot« (Einzahl »mateh«) auch einen Stab oder Stecken bezeichnen, und man fragt sich, warum gerade dieser Begriff für die Stämme Israels verwendet wird. Zudem kennen wir auch noch einen anderen – durchaus ähnlichen – Terminus für die zwölf Stämme, nämlich »schewet«, was übersetzt auch »Stab« bedeuten kann, allerdings mehr im Sinn einer Rute oder eines Zweiges – also ein noch frischer, biegsamer Stab, der erst kurz zuvor vom Baum getrennt wurde.
Es ist einleuchtend, dass wir für die verschiedenen Stämme des Volkes Israel einen Begriff vorfinden, der an Zweige eines Baumes erinnert. Warum aber zwei Bezeichnungen? Und worin besteht der Unterschied zwischen »schewet« und »mateh«?
Der Lubawitscher Rebbe hat erklärt, dass wir hier eine Symbolik vorfinden, die nicht nur die einstigen Stämme Israels zur Zeit der Wüstenwanderung betrifft, sondern auch allgemeiner etwas über die Verfasstheit unserer Seele aussagt.
Der Rutenzweig, der gerade erst frisch abgebrochen ist oder überhaupt noch am Baum dran ist, bezieht sich auf die Seele in den spirituellen Höhen, wo sie eine ungestörte Verbindung zur G-ttlichkeit vorfindet. Der feste Stab hingegen, der mangels direkter Verbindung zum Baum schon fest und starr geworden ist, steht für die Seele in dieser Welt, wo die Verbindung zu G-ttlichen Sphären nicht bewusst wahrgenommen wird.
Diese Voraussetzungen haben sowohl positive als auch negative Aspekte: Einerseits lauert in der materiellen Welt die Gefahr, dem Spirituellen gegenüber zu unsensibel zu werden. So kann die Steifheit des »Steckens« eine negative Auswirkung haben. Doch andererseits kann die Stärke des nicht-mehr-biegsamen Holzes auch positiv wirken: Denn das Festhalten an der Tora und ihren Geboten erfordert in unserer Welt auch einiges an Standfestigkeit – einer Standfestigkeit, die von der inneren Überzeugung her rührt.
Die Seele, die unser »Stecken« hier symbolisiert, weiß tatsächlich, woher sie gekommen ist, ist sich ihrer Sendung in der Welt und ihrer Verbindung zum Schöpfer bewusst, auch wenn die nicht offen sichtbar sind. Daraus erwächst ihr die Kraft und die – manchmal auch notwendige – Härte, ihre Aufgabe in dieser Welt gemäß den Anforderungen der Tora zu erfüllen.
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