Wir brauchen keinen politischen Kopf zur Interpretation der Signale eines zur Wahl stehenden Politikers. Ideale und Prinzipien werden immer wieder wegen wichtigerer Ziele verschrottet, mit Worten, wie “nachdem ich nachgedacht habe, änderte ich meine Meinung in dieser Sache ...”

Ein zur Wiederwahl stehender Präsident ist meistens anders als ein gerade abgewählter Präsident. Der erster ist ein Mensch, dessen Prinzipien seinen Ambitionen untergeordnet sind, und der zweite, dessen Ambitionen durch seine Prinzipien gelenkt werden.

Sorgt er sich jedoch um sein Vermächtnis, werden seine felsenstarken Prinzipien gesprengt.

Aber warum hat Moses den Juden nicht die ganze Wahrheit gesagt, nämlich seinen Tod nach dem Krieg?G‑tt sei Dank gibt es aber auch noch einige Führungspersönlichkeiten, die das Universum der Führungstätigkeit nur für das Volk betreten, - und nicht um sich ein Vermächtnis zu schaffen oder ihr Bild in der Presse zu sehen!

Moses war beispielhaft in dieser Art Führungstätigkeit.

Am Ende des Buches Numeri lesen wir:

G‑tt sagte zu Moses: “Räche Dich im Auftrag der Kinder Israels an den Midianitern, und danach wirst Du zu Deinem Volk gesammelt [was ein Euphemismus für Ableben ist].”1

G‑tt befahl also Moses, die Midianiter zu bekämpfen und danach zu sterben. Moses aber übermittelte dieses Gebot G-ttes seinem Volk etwas verkürzt:

Und Moses sprach zum Volk und sagte: “Bewaffnet Männer, um gegen Midian anzugehen und G‑ttes Rache2 an Midian auszuüben ...3

Aber warum hat Moses den Juden nicht die ganze Wahrheit gesagt, nämlich seinen Tod nach dem Krieg?

Der biblische Kommentator Kli Jakar gibt eine faszinierende Erklärung:

Hätte Moses den Juden gesagt, dass seine Zeit nach der gewonnenen Schlacht gekommen ist, wären die Juden nicht in die Schlacht gegangen. Denn sie wussten, solange die Schlacht noch nicht geschlagen ist, würde ihre Führungsperson nicht sterben. Sie hätten ihr eigenes Schicksal bekämpft.

Moses wusste das und ließ daher den zweiten Teil von G‑ttes Anweisung aus.

Hätte Moses G-ttes Anweisung wortwörtlich mitgeteilt, - wäre es dafür zur Rechenschaft gezogen worden? Die Juden wären dann nicht in die Schlacht gezogen. Aber Moses hätte nichts Falsches getan, indem er die Anweisungen weitergab. Moses wäre am Leben geblieben, um sein "Vermächtnis" voranzutreiben!

Aber Moses wusste, dass G‑tt den Krieg wollte. Also hat er den Prozess freiwillig eingeleitet, der unwiderruflich zu seinem Ende führen würde, um den Wunsch seines Schöpfers auszuüben.

Es ging nicht darum, den Sitz zu behalten. Es ging darum, das Richtige zu tun.

Danke, Moses. Es ist so gut zu wissen, dass es noch eine andere Art Führungstätigkeit gibt.