Die härteste Prüfung, die G-tt jemals den Menschen stellte, war die beinahe Opferung Itzchaks durch seinen eigenen Vater Awraham. Dass es diese Prüfung bestanden hatte, bleibt dem jüdischen Volk bis heute ein schützendes Denkmal.
Unser Meister Rambam1 erklärt2, dass der Sinn dieser Prüfung im Kundtun zweier zentraler Stützpfeiler des Judentums lag:
- Die Opferung Itzchaks verdeutlicht uns, wie weit die G-ttesliebe des Juden gehen muss und seine Hingabe an G-tt.
- Sie schildert uns die Echtheit der G-ttesoffenbarung an den Menschen. Die Bereitschaft Awrahams seinen Sohn zu opfern entsprang seiner absoluten Sicherheit tatsächlich einen g-ttlichen Befehl empfangen zu haben. Auch nur der geringste Zweifel daran hätte das Bestehen der letzten Prüfung zunichte gemacht. Schließlich war es doch Awraham, der im Namen G-ttes die Opferung von Menschen verurteilte. Seine Bereitschaft Itzchak zu opfern demonstriert, wie stark die G-ttesoffenbarung bei einem Propheten aufgenommen wird.
Menschenliebe
Der erste Grundsatz zeigt deutlich auf, wie sehr doch die Liebe zu G-tt sich von jeder menschlichen Liebe unterscheidet. Es gibt die Liebe zwischen zwei Menschen, durch die der eine bereit ist seinem Nächsten vollkommen hingegeben zu sein, auch auf eigene Kosten. Dessen Schmerz sowie seine Freude werden zu seinen eigenen. In Zeiten der Not steht er ihm, so gut er kann, bei. Dennoch kann aber auch die allerbeste Freundschaft durch einen Treuebruch erschüttert werden.
Eine tiefere Liebe bildet die von Vater zu Sohn. Der Sohn ist doch Teil des Vaters, dessen Liebe zu ihm selbstverständlich, ja natürlich ist. Es geht hier nicht um den besonderen Charakter des Sohnes, sein Verhalten oder gute Taten. Die angeborene Liebe des Vaters zu ihm ist von all dem völlig unabhängig und dennoch so geprägt, dass der Vater wahrhaftig von innerem Schmerz gerüttelt würde, falls seinem Sohn etwas zustieße. Er wäre bereit sein eigenes Leben zu gefährden, um der Rettung seines Sohnes willen. Das ist der Gipfel der menschlichen Liebe.
G-ttesliebe
Die Liebe zu G-tt aber bedeutet etwas völlig anderes! Dabei handelt es sich um eine derart großartige Liebe, bis hin zur Bereitschaft des Menschen zur völligen Hingabe, seiner Ideale, seines Lebens und selbst des Lebens seiner Kinder, kurz: buchstäblich von allem, nur um diese Liebe nicht zu verlieren! Sie ist eingebrannt in seinem Tiefsten, dem innersten Punkt seiner Seele. Keine menschliche Ursache kann ihr widersprechen, denn sie liegt in jener Seelentiefe, die über dem menschlichen Verstand steht!
Diese gewaltige Liebe offenbarte sich bei der letzten Prüfung Awrahams. Als der Vater sein Erbarmen über seinen geliebten Sohn bezwang und bereit war jenen auf dem Altar für G-tt zu opfern, und somit auch für die Fortführung des Monotheismus, in blindem Vertrauen zum Gebot G-ttes, bewies er ausdrücklich, dass seine Liebe zu G-tt tiefer als die Liebe von Vater zu Sohn ist und über jeder menschlichen Bindung auf unserer Welt steht!
Schöne Aussichten
Diese zwei Grundsätze, die durch die letzte Prüfung Awrahams der Welt kundgetan wurden, fanden ebenfalls im Tempel Jerusalems ihren Ausdruck, der auf dem Berg Morija errichtet wurde, an jenem Ort der letzten Prüfung Awrahams.
In den heiligen Schriften wird der Opferdienst im Tempel als die höchste G-ttesarbeit bezeichnet, und er bildet somit die Vollkommenheit der G-ttesliebe und Ehrfurcht.
Und der zweite Grundstein, das Empfangen der G-ttesgegenwart in ihrer absoluten Echtheit, drückte sich in der ständigen Offenbarung der Schechina (einer der großartigsten G-ttesoffenbarungen) im Tempel aus, die jedem Juden ermöglichte nach Jerusalem zu pilgern und mit seinen eigenen Augen „das Antlitz G-ttes“ zu erblicken!
Zur vollkommenen Erlösung werden all diese „Wunder“ zurückkehren. Der Tempel wird in neuem Glanz erstrahlen, der Opferdienst wiedereingeführt werden und die Herrlichkeit G-ttes über uns und in uns erstrahlen, und in einer Weise, die weit über die Offenbarung der Schechina hinausgeht!
(Likutej Sichot, Band 30, Seite 73)
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