"Und als diese Tage vorüber waren, gab der König für alles Volk, das sich in Schuschan der Hauptstadt aufhielt ... ein siebentägiges Trinkgelage" (1:5)

Bezugnehmend auf diesen Vers wird im Talmud (Traktat Megilla 12a) folgende Frage aufgeworfen: "Weshalb wurden die Juden jener Generation (vom Himmel) zur Vernichtung verurteilt?" Hierauf wird diese Frage wie folgt beantwortet: "Weil sie sich am Mahl des verruchten (Königs Achaschwerosch) gütlich taten!"

War denn die Teilnahme "am Mahl des verruchten Königs Achaschwerosch" eine derart große Sünde, daß sie die Vernichtung aller Juden, "vom Jüngling bis zum Greis, kleine Kinder und Frauen, in einem Tag" (3:13) rechtfertigte? Das Problem bestand nicht so sehr in der Teilnahme am Fest, denn unseren Gelehrten zufolge hatte der König seine jüdischen Untertanen mit koscheren Speisen versorgt, sondern darin, daß sie sich gütlich taten. Mit der "koscheren Speisekarte" in der Hand, gaben sich diese Juden, die in der Verbannung lebten, der Illusion hin, auch ohne den Beistand von Haschem überleben zu können.

Die Verurteilung zur Vernichtung stellt keine Bestrafung dar, sondern ist die Folge dieser Einstellung. Dadurch daß sie ihr Schicksal in die Hände von Sterblichen legten, verleugneten die Juden ihre, nicht an den natürlichen Ablauf der Dinge gebundene Sonderstellung - eine Stellung, die jeder historischen Gesetzmäßigkeit zuwiderläuft. Erst jetzt konnte ihnen der Beschluß eines Sterblichen etwas anhaben.

(Likutej Sichot Band 31)