Die Namen unserer Feiertage sind nicht bloß Namen, willkürlich auserwählt, sondern drücken den Inhalt und das Wesen1 der Feiertage aus. So handelt es sich auch bei dem Namen des jüdischen Neujahrfestes – Rosch HaSchana, was wortwörtlich „der Kopf des Jahres“ heißt.
Der „Kopf“ zeichnet sich durch drei Dinge aus: 1) Wegen seiner Eigenschaften und Fähigkeiten nimmt er eine besondere Stellung am Körper ein und steht über jedem anderen Körperteil 2) er belebt alle anderen Glieder 3) auch nachdem jedes Glied seine Kraft bekommen hat, leitet der Kopf sie alle weiterhin.
Drei Aspekte des Kopfes
Auch bei Rosch HaSchana finden wir diese drei Aspekte:
1) Rosch HaSchana ist an sich ein besonderer Tag mit einer enormen Eigenbedeutung. Rosch HaSchana ist nämlich der Tag, an dem wir G-tt zum König über die Welt krönen (Daraus erfolgt auch, dass G-tt an diesem Tag Gericht hält, denn die Hauptfunktion des Königs ist es für Recht und Ordnung zu sorgen). An diesem Tag nimmt der Jude das Königtum G-ttes erneut auf sich, d.h. er verspricht ein treuer Diener G-ttes zu sein.
2) Ein weiterer Aspekt zu Rosch HaSchana ist die Tschuwa – die Rückkehr zu G-tt. Die Tschuwa ist nicht nur auf Rosch HaSchana beschränkt, sondern betrifft die Mitzwot im ganzen Jahr (wie der Kopf alle anderen Körperteile belebt), doch die Tschuwa an sich steht über allen anderen Mitzwot. Deshalb kann die Tschuwa sowohl die Mängel durch das Nichterfüllen von Geboten, wie auch die Schäden durch das Begehen von Verboten korrigieren.
3) So wie der Kopf den Körper leitet, führt Rosch HaSchana die restlichen Tage im Jahr an, nämlich durch die guten Vorsätze, die man sich zu Rosch HaSchana für das ganze Jahr vornimmt. Denn sobald man seine guten Vorsätze von Rosch HaSchana an jedem Tag des Jahres ausführt, lebt man im ganzen Jahr im Sinne von Rosch HaSchana und er (Rosch HaSchana) führt somit praktisch das kommende Jahr an.
Die Zehn Tage
Die drei Aspekte von Rosch HaSchana lassen uns auch folgenden Vers richtig verstehen: Suchet G-tt, wenn Er nahe ist.2 Der Talmud erklärt darauf: „Dies sind die zehn Tage zwischen Rosch HaSchana und Jom Kippur.“3
Es gibt jedoch nur sieben Tage zwischen Rosch HaSchana und Jom Kippur, wieso steht dann zehn?!
Damit will eben der Talmud in diesem Vers die verschiedenen Aspekte von Rosch HaSchana und Jom Kippur andeuten: Es gibt den Aspekt der Tschuwa und diesbezüglich sind Rosch HaSchana und Jom Kippur ein Teil der „zehn Tage“, die Zehn Tage der Tschuwa. Und dann gibt es Rosch HaSchana und Jom Kippur mit ihrer besonderen Eigenbedeutung und aus dieser Perspektive sind die Tage der Tschuwa zwischen Rosch HaSchana und Jom Kippur, denn Rosch HaSchana und Jom Kippur sind viel mehr, als nur Tage der Tschuwa und ihre Eigenbedeutung steht über der Tschuwa.
Eine besondere Kraft
Wie gesagt ist die eigentliche Bedeutung von Rosch HaSchana die Krönung G-ttes zum König, d.h. die Aufnahme Seiner Herrschaft. Und dies steht über der Tschuwa, denn solange der Jude G-tt nicht über sich stellt, kann noch nicht die Rede von Geboten des Königs und eine Wiedergutmachung mit dem König sein. Erst nachdem man G-tt zum König über sich akzeptiert, kann man beginnen Tschuwa für seine Vergehen gegen den König, G-tt, zu tun.
Dies ist also die besondere Kraft von Rosch HaSchana: Indem man G-tt über sich akzeptiert, kann man seine Fehler korrigieren und ein gutes und gesegnetes Jahr bewirken.
(Likutej Sichot, Band 4, Seite 1144)
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