Umgeben von einer Mizwa

Die Tora befiehlt: „Sieben Tage lang sollt ihr in Sukkot wohnen“ (Wajikra 23:42).
Und unsere Weisen erläutern: „Wir müssen in der Sukka so wohnen, wie im Haus“ (Sukka 28b).
Während der sieben Festtage (in der Diaspora auch an Schmini Azeret, jedoch ohne einen Segen zu sprechen) müssen wir also unsere alltäglichen Verrichtungen in die Sukka verlagern: „An jedem dieser sieben Tage müssen wir die Sukka als dauerhafte und unser Haus als zeitweilige Wohnung betrachten ... Wir sollen in der Sukka essen, trinken, ruhen ... und lernen“ (Sukka 28b).

Unsere Weisen erklären: „Die Mizwot wurden nur deshalb aufgestellt, damit alle Geschöpfe geläutert werden“ (Bereschit Rabba 44:1). Wenn wir eine Mizwa befolgen, erhöhen wir uns und unsere Umgebung. Die meisten Mizwot befassen sich nur mit begrenzten Aspekten unseres Seins und unserer Umwelt. Wenn wir Tefillin anlegen, erheben wir den Kopf, das Herz (Tefillin liegen auf dem Kopf und auf dem Bizeps des linken Armes, dem Herzen zugewandt) und den Arm, ebenso das lederne Material. Wenn wir in einer Sukka wohnen, hüllt diese Mizwa sogar den ganzen Körper ein, und selbst der profanste Aspekt des Lebens verbindet uns mit G-tt. (Das hebräische Wort mizwa, „Gebot“, ist mit dem hebräischen und aramäischen Wort zawta , „Verbindung“, verwandt. Wenn wir eine Mizwa einhalten, stellen wir also eine Verbindung zu G-tt her, von dem das Gebot stammt (siehe Likute Tora, Parschat Bechukotai 45c).

Die Mizwa der Sukka ist kein Selbstzweck. Sie beeinflusst unser Verhalten im gesamten kommenden Jahr. Die Tora sagt ganz schlicht: „Denkt an Ihn auf allen euren Wegen“ (Mischli 3:6). Und unsere Weisen kommentieren: „Dieser kurze Vers ist die Grundlage der Tora“ (Brachot 63b). Denn G-ttlichkeit ist nicht nur in der Synagoge und in der Schul zu finden, sondern in jedem Aspekt unseres Lebens. Die Mizwa des Wohnens in der Sukka macht diese Idee greifbar.

So bringen wir Spiritualität in die materielle Welt

Wann immer wir eine Mizwa mit materiellen Dingen erfüllen, stellen wir zwischen ihnen und dem spirituellen Aspekt der Mizwa eine Verbindung her. Von da an nennen wir diese Dinge taschmischi Mizwa, „Dinge, die für eine Mizwa benutzt wurden“. Da sie mit dem Spirituellen verbunden bleiben, dürfen wir sie später nicht für unreine Zwecke verwenden (vgl. Megilla 26b, Schulchan Aruch, Orach Chajim 21:1).

Ein noch tieferer Zusammenhang besteht zwischen dem Baumaterial der Sukka und den damit verbundenen spirituellen Einflüssen. Darum sagen unsere Weisen: „So wie das Opfer dem Himmel geweiht wird ... wird auch die Sukka dem Himmel geweiht“ (Sukka 9a, zitiert in Schulchan Aruch HaRaw 638:1). Darum dürfen wir das Baumaterial der Sukka während des Festes nicht für weltliche Zwecke benutzen (siehe Schulchan Aruch HaRaw 638:15-16).

Die Sukka symbolisiert eine tiefere Verschmelzung zwischen dem Materiellen und dem Spirituellen als das, was wir durch das Befolgen vieler anderer Mizwot erreichen. Die Verbindung zwischen dem materiellen Objekt und der spirituellen Wirkung - sie entsteht dadurch, dass wir eine Mizwa einhalten - durchdringt nicht das ganze materielle Objekt. Darum gelten solche Dinge nicht als heilig, obwohl wir sie respektvoll behandeln sollen - aber sie sind mit dem Spirituellen nicht vollständig vereinigt. Die Weihe setzt voraus, dass das materielle Objekt von Heiligkeit ganz durchdrungen ist, und dieses tiefere Band entsteht erst, wenn wir in der Sukka wohnen.

„Eure Sukka des Friedens“

Unsere Weisen assoziieren die Mizwa der Sukka mit Einheit, wie die Worte „Eure Sukka des Friedens“ (tägliche Liturgie) und die Erläuterung unserer Weisen zeigen „Ganz Israel darf in einer Sukka wohnen.“ (Sukka 27 b)

Warum wird die Sukka mit Frieden und Einheit in Zusammenhang gebracht? Nach der chassidischen Lehre (siehe die Abhandlungen mit dem Titel „VeKacha 5637, Kapitel 95-96) ziehen wir ein transzendentes spirituelles Licht in diese Welt hinab, wenn wir die Mizwa der Sukka befolgen, und dieses Licht löscht alle Unterschiede zwischen den Menschen aus und macht sie gleich. Unterschiede sind typisch für unsere Welt. Die Mizwa der Sukka durchtränkt die Welt mit g-ttlicher Einheit, die ihrem Wesen nach für diese Welt untypisch ist.

Anders ausgedrückt beseitigt die Einheit, die wir durch diese Mizwa herbeiführen, den Unterschied zwischen der spirituellen und der materiellen Existenz. Vom Standpunkt der Welt aus sind beide Gegensätze. Von G-ttes Standpunkt aus sind sowohl das Materielle als auch das Spirituelle ein Ausdruck des G-ttlichen und können harmonisch verschmolzen werden.

Die höchste Sukka

Unsere Rabbis erläutern (Maharscha zu Pesachim 5a; siehe auch Targum und Midrasch Tehillim zu Tehillim 76:3), dass wir durch das Wohnen in der Sukka ein großes Verdienst erwerben: Wir bauen den Beit Hamikdasch wieder auf. Das geht aus dem Vers: „Und Seine Sukka wird in Jerusalem stehen“ (Tehillim 76:3) hervor. Im Zeitalter der Erlösung und vor allem im Beit Hamikdasch, wo die G-ttlichkeit für jeden sichtbar sein wird, werden das Materielle und das Spirituelle verschmelzen. Möge das in naher Zukunft geschehen!