Mögen Sie Wein? Genießen Sie den ersten Schluck und den feinen Nachgeschmack? Freuen Sie sich über den Geschmack auf der Zunge und die sinnlichen Reize, die der Alkohol auslöst, sobald er im Blut ist? Die meisten Menschen würden „ja“ sagen.

Und was ist mit Wasser? Viele Leute zahlen heute eine Menge Geld für „reines“ Wasser in Flaschen, so wie sie für guten Wein bezahlen. Aber das tun sie nicht wegen des sinnlichen Vergnügens, denn Wasser hat keinen Geschmack oder Nachgeschmack und macht auch nicht angeheitert. Wir trinken Wasser, weil wir es brauchen.

Warum aber sagen unser Weisen dann: „Wer noch nie den Jubel beim Wasserholen gesehen hat, der hat noch nie in seinem Leben wahre Freude gesehen“? Das Wasserholen ist eine uralte Zeremonie, die einst zum Fest Sukkot gehörte. Obwohl die Menschen während dieses fröhlichen Festes auch dem Wein zusprachen, galt das Wasserholen als Höhepunkt des Feiertags. Wenn wir Wein trinken müssen wir eine Bracha sprechen, wenn wir Wasser trinken, wird die Bracha nur gesprochen, sofern es den Durst löschen soll, weil wir nur dann verstehen, was für ein Segen das Wasser ist. Freude empfinden wir in beiden Fällen, aber es gibt Bedeutungsunterschiede.

Wein hat ein Aroma, das ihn von anderen Weinen unterscheidet und das uns sagt, ob er uns munden wird oder nicht. Das gleicht der Freude am Befolgen einer Mizwa, die wir verstehen: Wir wissen, was wir tun, und wir „schmecken“ die Befriedigung.

Wasser ist schwerer einzuschätzen. Man kann es mit Handlungen vergleichen, die wir unter dem Einfluss von Kabbalat Ol (Demut vor G–tt), vollziehen. Eine logische Erklärung gibt es dafür nicht – wir tun es, weil es von uns verlangt wird.

Was macht uns größere Freude? Normalerweise würden wir sagen: der Wein, also die verständlichen Mizwot. Aber unser Verständnis ist von Natur aus begrenzt. Wie können wir über diese Grenzen hinausgehen? Indem wir unser Selbst aufgeben und uns ganz dem Geist G–ttes anvertrauen. Dadurch überschreiten wir die irdischen Grenzen und kommen der spirituellen Erfüllung näher.

Wenn wir diese Hürde überspringen und über die Logik hinausgehen, spüren wir die höchste Freude des „Wasserholens“. Wenn Sie Durst haben, ist Wasser Ihnen wichtiger als alles andere. Und wenn Sie sich G–ttes Willen unterwerfen, wird alles andere unwichtig.

Trinken Sie den Sukkot-Wein, und genießen Sie ihn. Aber trinken Sie dieses Mal auch das Sukkot-Wasser. Sie werden sehen, es ist ein noch größerer Genuss.