Frage?

Die jüdische Religion wird als eine humane und barmherzige dargestellt. Dennoch erlaubt sie - nein, sie befürwortet - das Schlachten von Tieren und den Genuss von Fleisch.

Antwort!

Wenn man die Bestimmungen über die Schechita (das koschere Schächten) genau studiert, erkennt man bald, wie sehr die Tora auf das Wohlergehen des Tieres achtet. So sind zum Beispiel die strengsten Vorschriften festgelegt in Bezug auf die Beschaffenheit des Messers, das für das koschere Schächten erlaubt ist. Sollte das Messer auch nur den kleinsten Fehler oder die geringste Unebenheit oder Scharte aufweisen, so wird es als für diesen Zweck ungeeignet verworfen, weil die kleinste Unebenheit schon einem Lebewesen für einen kurzen Augenblick einen unnötigen Schmerz bereiten könnte.

In der Tat erklärt eine unserer bedeutenden Autoritäten, der Baal HaPardes, dass ein Messer mit einer solchen geringfügigen Scharte wegen des Tora-Prinzips "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" (Lev. 19, 18) verboten ist. Dies ist eine sehr bemerkenswerte Einsicht, und damit ist der höchste Stand humanitärer Behandlung angezeigt: dass man nämlich den Vorgang des Schächtens als eine äusserst heilige Aufgabe ansehen muss, bei der das unnötige Leiden eines Tieres als dem unnötigen Leiden eines Menschen gleich eingestuft wird.

Daraus können wir schliessen, wie genau wir es zu nehmen haben, um zu vermeiden, dass das Tier auch nicht für eine vorübergehende Sekunde einen Schmerz auszustehen hat.

Und nun wollen wir uns überlegen, worin das schließliche Ziel und der Zweck des Schächtens und des Fleischgenusses überhaupt besteht.

Die Natur setzt sich aus vier wesentlichen Klassen zusammen. In aufsteigender Linie, vom primitiven Zustand bis zum entwickeltsten, sind es diese:

  1. Mineralien und leblose Dinge
  2. Vegetation und Pflanzenleben
  3. Tierreich
  4. Der Mensch und das Dasein von Intelligenz

In der Natur verwandelt der Kettenprozess der Nahrungsgewinnung jede Klasse in die nächsthöhere in geordneter und logischer Methode. Einfache Mineralien, leblose Materialien dienen den Pflanzen als Nahrung. Pflanzen ihrerseits sind Nahrungsmittel für die Tiere. Der endgültige Zweck des pflanzenfressenden Tieres besteht darin, so umgewandelt (das heisst "vervollkommnet") zu werden, dass es zu einem Teil des Menschen wird.

Wenn der Mensch, seinerseits, seinen Zweck in der Welt erfüllt (in der Stärke und Kraft, die er durch die zu sich genommene Nahrung erhält), dann erhebt und erhöht er alle Gruppen der Schöpfung in den Bereich von Heiligkeit. Daher ist das zielbewusste Schächten eines Tieres, im Dienste des Unterhaltes des Menschen, kein Akt von Grausamkeit. Im Gegenteil, es stellt eine Begünstigung des Tieres dar, weil es dazu beiträgt, seine höhere Fügung im System der Schöpfung in die Tat umzusetzen.

Zusammenfassende Übersicht:

Das wichtige Prinzip der Tora "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" bestimmt auch das koschere Schächten. Dadurch wird das Tier seinem höheren Geschick zugeführt. Sorgfalt muss darauf verwendet werden, dass ihm auch nicht der kleinste und kürzeste Schmerz zugefügt wird.