Im Jahre 1798 wurde Rabbi Schneur Salman von Liadi (auch schlicht, 'Der Raw' genannt) auf Befehl der zaristischen Regierung in Russland verhaftet, nach St. Petersburg überführt und in einem berüchtigten Gefängnis inhaftiert. Ihm feindlich gesinnte Kreise hatten ihn als Revolutionär verleumdet, der die Regierung stürzen wolle. Diese Anwürfe waren jedoch völlig ungerechtfertigt und Rabbi Schneur Salman wurde nach weniger als zwei Monaten am 19. Kislew wieder auf freien Fuss gesetzt. Chassidim feiern dieses Datum heute noch.

Über die Verhaftung erzählt man sich folgende Geschichte: Als die Gendarmen des Zaren kamen, um den Rabbi festzunehmen, versteckte er sich vor ihnen im Hause eines seiner Chassidim (Schüler). Dieser Schüler hiess Rabbi Schmuel Munkes. Er war für seinen scharf- und tiefsinnigen Humor bekannt und leistete ihm im Versteck Gesellschaft.

Der Rabbi fragte seinen Schüler: "Was denkst du Schmuel? Soll ich mich ergeben und festnehmen lassen oder soll ich mich weiterhin verstecken?"

Rabbi Schmuel antwortete: "Lieber Rabbi, lassen Sie mich bitte eine Geschichte erzählen."

Es gab einst einen Rabbi, der oft umherreiste, um verschiedenen Gemeinden und Bedürftigen seine Hilfe und Unterstützung anzubieten. Auf seinen Reisen begleitete ihn ein Kutscher mit seinem Pferdegespann. Als der Rabbi einst während längerer Zeit keine Reisen mehr unternahm und der Kutscher unbeschäftigt blieb, verkaufte dieser sein Pferd und Gespann und ging einer anderen Beschäftigung nach. Wenige Tage später musste der Rabbi wieder verreisen und rief deswegen den Kutscher zu sich. Dieser erzählte ihm, dass er sein Gespann verkauft und mit dem Erlös Waren gekauft habe.

Da gebot ihm der Rabbi, die Waren wieder zu verkaufen, Pferd und Wagen zurückzukaufen und ihn auf seinem Weg zu begleiten. Als treuer Schüler, fragte dieser nicht lange, sondern tat was ihm der Rabbi auftrug.

Als sie zusammen auf dem Weg waren und auf eine Anhöhe zusteuerten, befahl der Rabbi seinem Kutscher, die Pferde schneller anzutreiben. Der Rabbi wollte immer schneller und schneller fahren. Der Kutscher bekam es mit der Angst zu tun, ging doch der Weg inzwischen steil abwärts und sein Rabbi trieb ihn immer noch dazu an, schneller zu fahren. Doch wagte er sich nicht, seinem Rabbi zu widersprechen. Plötzlich verlor er die Kontrolle über seinen Wagen, und der Wagen kollidierte mit dem Wagen eines sehr noblen Herren.

Dass dieser unverschämte Jude seinen Wagen beschädigt hatte, erzürnte ihn so sehr, dass er kurzerhand seinen Revolver zog und auf den Kutscher schießen wollte.

Da sagte dieser: "Nein, bitte, schießen Sie nicht auf mich. Es ist nicht meine Schuld. Der Rabbi hier, hat mich dazu angetrieben."

Nun richtete der noble Herr seinen Revolver auf den Rabbi und wollte auf ihn schießen. Doch ein Wunder geschah und es wollte sich keine Kugel aus dem Revolver lösen. Der noble Herr bemerkte, dass er es mit einem heiligen Mann zu tun habe, entschuldigte sich und ging.

Nun wandte sich der Rabbi an seinen Kutscher und fragte ihn: "Wie konntest du nur diesem Herrn sagen, dass ich der Schuldige sei. Wolltest du den wirklich deinen eigenen Rebbe erschießen lassen?"

Der Kutscher antwortete wie folgt: "Ich habe folgende Überlegung angestellt. Falls Sie wirklich ein großer Rabbi sind, wird sie die Kugel nicht treffen. Falls Sie jedoch kein großer Rabbi sind, mit welchem Recht haben Sie mich gezwungen, meinen Beruf aufzugeben, das Pferd wieder zurückzukaufen und es so anzutreiben, dass es einen Unfall verursachen musste?!"

Nun wandte sich Rabbi Schmuel an seinen Rebben: "Rebbe, falls Sie wirklich ein Rebbe sind, dann wird Ihnen in St. Petersburg nichts geschehen. Falls Sie jedoch kein Rabbi sind, mit welchem Recht haben Sie dann Tausenden Schülern die Freude an materiellen Dingen genommen!?"

Der Rabbi hörte diese Antwort, verließ sein Versteck, ergab sich und wurde verhaftet.