Ein armer Mann in Odessa hörte von einem fernen Land, dessen Straßen mit Diamanten gepflastert waren, weil Edelsteine dort so zahlreich waren wie Staub. Da er zu Hause keine Zukunft für sich und seine Familie sah, versuchte er sein Glück. Nach einer anstrengenden Reise gelangte er auf die exotische Insel. Und siehe – das Gerücht stimmte! Die Straßen waren mit Juwelen bestreut. Aufgeregt packte er seine Taschen bis zum Rand mit Edelsteinen voll. Dann war er müde. Es war eine lange Reise gewesen, und das Sammeln der Steine hatte ihn ebenfalls angestrengt. Also mietete er sich das schönste Zimmer im feinsten Hotel der Stadt. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sein Zimmer und seine Habe sicher waren, bestellte er im Restaurant ein königliches Festmahl. Als er satt war, verlangte er die Rechnung, gab dem Kellner einen herrlichen Saphir und sagte: „Behalten Sie den Rest!“
Verächtlich erwiderte der Kellner: „Was soll ich mit diesem Stein anfangen?“
„Es ist ein wertvoller Saphir!“, entgegnete der Reisende.
„In unserem Land hat er keinen Wert“, erklärte ihm der Kellner. „Nicht mehr als ein Kieselstein. Wertvoll ist bei uns nur Hühnerfett, weil wir so wenig Geflügel haben.“
So musste der Reisende das Gesetz von Angebot und Nachfrage auf die harte Tour lernen. Wie sollte er sein üppiges Mahl bezahlen? Zum Glück durfte er seine Schulden durch Tellerwaschen abzahlen, und da er harte Arbeit gewöhnt war, machte er seine Sache gut. Das Hotel bot ihm eine feste Stelle an, und er gewöhnte sich an das Leben auf der Insel. Bald fing er an, Hühnerfett zu sammeln. Mit der Zeit blühte sein neues Geschäft, und er wurde reich. Da beschloss er, als erfolgreicher Geschäftsmann nach Hause zu seiner Familie zurückzukehren. Seine Angehörigen erwarteten ihm am Kai von Odessa. Als seine Jacht ankam, wunderte sich die wartende Menge über den Gestank. „Es riecht nach Hühnerfett“, sagten die Leute.
„Ja, das stimmt“, erwiderte der Kaufmann. „Die ganze Jacht ist voll davon. Wir sind reich!“
„Aber wo sind die Diamanten?“ fragte seine verwirrte Frau. „Danach hast du doch gesucht!“
„Das Zeug ist nichts wert!“ antwortete der Mann. „Die Dinger sind so zahlreich wie Staub. Nur Hühnerfett ist wertvoll.“
Jetzt verstand die kluge Frau. „Offenbar hast du den Zweck deiner Reise vergessen. Du solltest Edelsteine sammeln, nicht Hühnerfett. Hast du vielleicht einen kleinen Diamanten mitgebracht, zur Erinnerung an deine harte Arbeit im fremden Land?“
Diese Geschichte illustriert den Abstieg der Seele in den materiellen Körper. Vor dem Abstieg sagt man der Seele: Befolge die Mizwot, denn sie sind kostbar wie Diamanten. Ehre sie und sammle während deines kurzen Aufenthalts so viele, wie du kannst. Leider vergessen wir unsere Mission oft und glauben, weltliche Dinge (das Hühnerfett) habe bleibenden Wert. Wenn die Seele auf die spirituelle Ebene zurückkehrt, fragt man sie: „Hast du ein paar Diamanten mitgebracht? – Gebete, Zedaka?“ Und die Seele sucht ihr Leben nach Edelsteinen ab, die etwas bedeuten.
Das ist der schwierigste, aber wichtigste Aspekt des Lebens: Prioritäten setzen und im Auge behalten.
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