Die dieswöchige Sidra beginnt mit den Worten (Levitikus 26:3-4): „Wenn ihr in Meinen Satzungen geht und Meine Gebote hütet und sie ausübt: dann werde Ich eure Regen zu ihrer Zeit geben, die Erde wird ihren Ertrag hervorbringen und der Baum des Feldes seine Frucht tragen …“

Es gibt zwei Arten von Belohnungen für die Erfüllung von Mizwot:

Der Lohn für die Mizwa ist die Mizwa selber.

Jeder Ausführung einer Mizwa geht ein Segensspruch voran, in der für alle Mizwot festgelegten Form: „Gesegnet seist Du …, der uns durch Seine Gebote geheiligt und uns befohlen hat …“Zum Ausdruck kommt hiermit, dass der eigentliche Beweggrund für die Ausführung der Mizwa nicht die Erwartung einer Belohnung ist; hier fallen überhaupt keine materiellen Gesichtspunkte ins Gewicht, nichts, das mit irdischen Vorteilen zusammenhängt. Der einzige Gesichtspunkt ist „weziwanu“, dass G-tt es uns befohlen hat; darin liegt eine mehr als hinreichende Rechtfertigung für die Mizwa.

Was tut die Mizwa „für“ den Menschen und „im“ Menschen? G-tt ist unendlich, während der Mensch der Endlichkeit unterliegt. Da kommt die Mizwa und bringt den Menschen in Kontakt mit dem Unendlichen; und eben das ist die Mizwa. Wenn der Mensch den Willen G-ttes anerkennt und erfüllt, dann wird genau dadurch ein Bindeglied geschmiedet zu Demjenigen, dem er gehorcht. Der „Lohn“ für die Mizwa ist somit ein innerlicher, er liegt im Menschen selbst verankert; es ist kein äußerlicher; von der Mizwa getrennt existierender Lohn. Keine materielle oder sogar auch keine geistige Belohnung kann in sich das Attribut von Unendlichkeit tragen; daher kann auch kein solcher Lohn der (vom Unendlichen ausgehenden) Mizwa entsprechen. Nur die Mizwa selbst ist sich kongruent.

Der kleine, unbedeutende Mensch erhält dadurch eine neue Dimension, ein Funke des Unendlichen wird ihm zuteil. Aus den Begrenzungen seines Körpers bricht er heraus, und auch geistigen Beschränkungen unterliegt er nicht mehr; vielmehr stellt er jetzt eine pulsierende Verbindung zum Unendlichen her: G-tt und Mensch stehen so einander nahe.

Das denn ist die Wirkung und Leistung der Mizwa, ihr „Lohn“; und eben dies ist der wahre Sinn der Worte (Sprüche der Väter 4:2); „Der Lohn der Mizwa ist die Mizwa“ – dass heißt, dass sie es dem Menschen ermöglicht, mit G-tt in Verbindung zu treten.

Der spezifische Lohn für die Mizwa

Zusätzlich zu dem bisher diskutierten allgemeinen Aspekt der Mizwa wohnt jeder Mizwa auch eine ihr spezifische, einmalige Eigenschaft inne; und so erwächst aus jeder auch eine individuell zu ihr gehörende Zuträglichkeit. Wenn wir oben den „Lohn der geistigen Verbindung“ erläutert haben, wie er der Beobachtung der Mizwa entspringt, dann sollen damit nicht ihre mehr materiellen Folgen verniedlicht oder abgetan werden, wie sie in dem mehr herkömmlichen Begriff von „Belohnung“ enthalten sind.

Wir leben ja schließlich in einer physischen Welt, und wir haben einen Körper. G-tt hat es so bestimmt, dass wir materieller Dinge bedürfen; zum Beispiel haben wir die Verpflichtung, unsere Familie zu ernähren, unsere Kinder großzuziehen und zur Schule zu schicken – alles Aufgaben, die das Vorhandensein materieller Mittel voraussetzen. Der Talmud (Pessachim 64b) sagt: „Verlasse dich nicht auf Wunder“; damit werden natürliche Vorgänge als regulierende Maßstäbe für das Leben des Juden anerkannt. Um zu einer Gewährung all dieser Notwendigkeiten zu gelangen, um G-ttes Segen (sowohl auf materiellem wie auf spirituellem Gebiete) zu verdienen, dazu liegt der Schlüssel in der Beobachtung der Mizwot – so wie wir oben einleitend auf das am Anfang unserer Sidra stehende Versprechen hingewiesen haben: „Dann werde Ich eure Rege zu ihrer Zeit geben …“