Achthundertdreißig Jahre stand ein Bauwerk auf dem Tempelberg, das als Treffpunkt zwischen Himmel und Erde diente. Dieses Gebäude war in seiner Beziehung so zentral zwischen G-tt und den Menschen, dass nahezu zwei Drittel aller Mizwot (Gebote) mit der Wirklichkeit seines Bestehens verbunden sind. Seine Zerstörung wird deshalb als größte Tragödie unserer Geschichte betrachtet und sein Wiederaufbau die endgültige Erlösung sein: Die Wiederherstellung der Harmonie zwischen G-tt und Seiner Schöpfung.
„Drei Wochen“, – die drei Wochen „in der Bedrängnis“1 zwischen dem 17. Tammus und dem 9. Aw, – sind der Trauer über die Zerstörung der Heiligen Tempel und unserem daraus resultierenden Exil gewidmet. Es ist eine physische Verbannung und spirituelle Entwurzelung, unter der wir bis heute leiden.
In diesem Zeitabschnitt wurde das Jüdische Volk in den verschiedensten Generationen von etlichen Katastrophen heimgesucht. Während der Periode "in der Bedrängnis" wurden beide Tempel zerstört, weshalb wir uns während diesen „Drei Wochen“ einiger erfreulicher Aktivitäten enthalten:
- Wir veranstalten keine Hochzeiten. Nur Verlobungen ohne Instrumentalmusik sind bis zum Ersten des Monats Aw erlaubt.
- Wir spielen keine Musikinstrumente und hören auch keine Musik.
- Wir sagen keinen "Schehechjanu"-Segen. Daher tragen wir keine neuen Kleider und essen keine neuen Früchte, die wir in dieser Saison noch nicht gekostet haben;
- Wir lassen uns die Haare nicht schneiden und rasieren uns nicht. Viele Sefardische Gemeinden erlauben das Haare schneiden und Rasieren bis zur Woche des 9. Aw, d.h. bis zum letzten Shabbat vor dem Fasttag;
(Wenn Sie aus irgendeinem Grund verhindert sein sollten, eine dieser Verordnungen einzuhalten, sollten Sie sich an Ihren Rabbiner wenden.)
Schabbat
Am Schabbat sind alle Gebote, die das Trauern betreffen, aufgehobenAm Schabbat sind alle Gebote, die das Trauern betreffen, aufgehoben, mit Ausnahme des Segens "Schehechejanu", von dem sich viele Gemeinden einschließlich Chabad sogar an den Schabbatot der „Drei Wochen“, enthalten. In diese Regel einbezogen sind auch der 17. Tammus und der 9. Aw: Fällt einer dieser Fasttage auf Schabbat, so wird er auf Sonntag verschoben und der Schabbat fröhlich gefeiert. Der Lubawitscher Rabbe hat bei mehreren Gelegenheiten verkündet, dass wir an den Schabbatot der „Drei Wochen“ noch freudiger sein und ein zusätzliches, schmackhaftes Gericht servieren sollten, um zu betonen, dass wir nicht in Trauer sind. Es gibt jedoch einige besondere Vorschriften, auf die wir zusätzlich acht geben sollten, wenn der 9. Aw auf den Sonntag fällt oder auf den Sonntag verschoben wird, da dieser ja bereits mit dem Sonnenuntergang anfängt.
Am ersten Schabbat der „Drei Wochen“, oder am 17. Tammus, soweit er auf Schabbat fällt, lesen wir immer denjenigen Tora-Abschnitt, in dem von Pinchas die Rede ist. Am Ende dieses Abschnittes spricht die Tora von den Drei Jüdischen Festen. Die Chassidim nennen es eine Anspielung darauf, dass die drei Schabbatot der “Drei Wochen“ parallel zu den Drei Festen zu feiern sind.
Warum ist die Trauer am Schabbat aufgehoben?
Obwohl diese Tage und Wochen in ein Exil voller Verfolgungen und spiritueller Entfremdung führten, glauben wir fest daran, dass diese schlussendlich zu unserem Besten sind. In jenen Tagen, so verkünden uns die Propheten, werden diese Tage des Leides in Tage der Freude umgewandelt.
Jeden Schabbat genießen wir einen Vorgeschmack an das Messianische Zeitalter. Daher konzentrieren wir uns am Schabbat ausschließlich auf die positiven Seiten dieser Periode.
Entschlossenheit zum Wiederaufbau
Neben den "technischen" Regeln und Einschränkungen, bemühen wir uns, über unsere nicht so perfekte Situation nachzudenken und ihr etwas Zeit zu widmen, - um unser Tun zu verbessern, indem wir uns mehr mit Aktivitäten der Wohltätigkeit und Güte befassen.
Der Rabbe drängte uns sehr, während der “Drei Wochen“ zunehmend Tora zu studieren und für wohltätige Zwecke zu spenden, gemäss dem Vers in Isaia 1:27: "Zion soll nach Gesetz erlöst werden, und ihre Rückkehrenden durch Wohltätigkeit (Zedaka)." Insbesondere bat der Rabbe, uns mit denjenigen Teilen der Tora zu befassen, die sich auf den Bau des Heiligen Tempels beziehen.
Während der Drei Wochen sollen wir unser Torastudium verstärken und mehr Zedaka gebenWarum ausgerechnet dieses Thema? Der Rabbe begründete seine Bitte auf einen Dialog, der im Midrasch Tanchuma, Lev. 14 zu finden ist und sich ergab, nachdem G-tt dem Propheten Jecheskel sagte, die verbannten Juden über Maße und Architektur des Heiligen Tempels zu unterrichten.
"Allmächtiger," antwortete Jecheskel, "warum verlangst du von mir, dass ich die Israeliten über den Bau des Tempels unterweise? Sie sind doch jetzt im Exil, im Lande unserer Feinde. Können sie irgendetwas damit anfangen? Lass sie sein, bis sie von ihrer Verbannung zurückkehren, dann werde ich hingehen und sie informieren."
G-tt antwortete: "Soll der Aufbau Meines Hauses ignoriert werden, nur weil Meine Kinder gerade im Exil sind? Das Studieren der Architektur des in der Tora beschriebenen Heiligen Tempels kann seinem konkreten Aufbau gleichgesetzt werden. Geh und sag ihnen, den Bauplan des Heiligen Tempels eingehend zu studieren. Als Belohnung für ihre Anstrengungen werde Ich ihr Studium ansehen, als ob sie den Heiligen Tempel wahrhaftig erbaut hätten."
Besonders in unserer Generation, die auf der Schwelle zur Erlösung steht, sollten wir diese Angaben studieren und uns dessen bewusst sein, dass alles sehr bald seine praktische Anwendung finden wird.
Von Zerstörung zu Erneuerung
Diese “Drei Wochen“ bedeuten jedoch mehr, als nur zu fasten und zu klagen. Die Propheten beschreiben die Fasttage als "Zeiten des guten Willens" vor G-tt, - eine Gelegenheit also, die Fehlschläge der Vergangenheit als Auftrieb für einen erneuerten und sogar noch stärkeren Bund mit G-tt zu nutzen. Das Fasten ist mit einem Gefühl der Läuterung verbunden, das Trauern durchdringt das Versprechen der Erlösung, und der Dunkelheit unterliegt ein Strom der Heiterkeit. Der 9. Aw ist nicht nur ein Tag der Zerstörung, sondern es ist auch der Geburtstag Moschiachs.
Möge es uns bald vergönnt sein, die Erfüllung der Prophezeiung zu erleben: "Ich werde die Trauer in Freude umwandeln und werde sie trösten und werde sie von ihrem Kummer erheitern." (Jeremia 31:12)
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