Rabbi Schneur Salman von Liadi, der Begründer des Lubawitsch-Chabad-Chassidismus, pflegte zu sagen: "Man muss in den Zeiten leben." Er meinte damit in erster Linie, dass man sich gemäß den Lehren des jeweiligen Wochenabschnittes aus der Tora – der Sidra – führen soll; denn die Tora wird "Gesetz des Lebens" genannt. So müssen ihre immer aktuellen Lehren ihren Niederschlag in der jeweils aktuellen Lebensweise finden.

Die ersten Kapitel des augenblicklich verlesenen vierten Buches der Tora – und so auch ein Teil der dieswöchigen Sidra Behaalotcha – befassen sich mit dem Heiligtum in der Wüste sowie mit der Organisation der damit verbundenen Amtspflichten. Zudem werden in diesem Teil der Tora Einzelheiten über den Transport des Heiligtums von Platz zu Platz in der Wüste festgelegt. Damit ist für alle Zeiten eines als wichtig unterstrichen: Selbst wenn die Juden sich in einer Wüste befinden, auch dann haben sie die Fähigkeit, ein Heiligtum zu errichten, damit so die G-ttliche Gegenwart unter ihnen weile – und außerdem ein inneres Heiligtum in jeder einzelnen Person.

Analog einer Wüste im geographischen Sinne – einer Einöde mit ihren radikalen Klimaunterschieden, Tummelplatz giftiger Schlangen und wilder Tiere – gibt es auch eine "Wüste" auf geistigem Gebiete, eine durch gefährliche Ideen hervorgerufene Verödung; und eine solche geistige "Wüste" kann sogar in einem Lande existieren, das in materieller Hinsicht einem blühenden Garten gleicht.

Da lehrt uns unsere heilige Tora dies: Wenn sich Juden in einer solchen spirituellen "Wüste" befinden, ist es dennoch möglich – nein, es ist nötig, es ist dringend erforderlich –, ein Heiligtum zu errichten, es von Platz zu Platz zu tragen, vorwärts damit zu gehen, Schritt für Schritt, bis sich die ganze Lage von Grund auf ändert, in allen Verhältnissen ringsum, bis diese geistige Einöde sich in ein geheiligtes und gesegnetes Land verwandelt, der wahren und vollkommenen Erlösung würdig, die unser gerechter Maschiach bringen wird.

Damit ist eine Anweisung für alle Juden gegeben, insbesondere für die jüdischen Frauen; denn wie die Tora berichtet, waren es die Frauen, die als erste positiv reagierten, als es galt, das Heiligtum in der Wüste zu errichten; zuerst, noch vor den Männern, kamen sie mit ihren Gaben.

In der geistigen Verödung, die sich gewisser Schichten unseres Volkes bemächtigt hat, herrschen Dürre und Leere vor in jüdischer Hinsicht, überall und ganz allgemein. Wer da zu den Frauen gehört, die sich dafür einsetzen, die bestehenden Verhältnisse zu ändern, wird für immer das große Verdienst haben, durch die Verbreitung von Jüdischkeit, im vollsten Sinne des Wortes, die Umwelt zu einem Heiligtum zu machen, einen schicklichen Platz für G-ttes Allgegenwart. Es gehört zu den Pflichten der Frauen, sich nicht nur der Erwachsenen und der Jugendlichen anzunehmen, sondern vorzüglich auch der Kleinkinder; denn die Erfahrung hat gelehrt, dass man eines größeren Erfolges versichert sein und reifere Früchte ernten kann, wenn man das Kind von frühester Kindheit an in passender Weise erzieht und in eine positive Richtung lenkt.

Der frühere Lubawitscher Rebbe sel. A. pflegte über andere den Segen auszusprechen, dass jeder einzelne die Tora mit Freude und Begeisterung empfangen möge, inmitten von ganz Israel. Dieser Segen sei auch heute allen gegeben, die sich in dieser Weise bemühen, die im Bereiche der Erziehung beispielgebend und unermüdlich tätig sind.