Eine Schlange kroch im Sande herum, krümmte und drehte sich, bis schließlich der Schwanz gegen den Kopf revoltierte. "Jetzt bin ich aber die Sache endlich leid," beschwerte er sich. "Immer muss ich dir folgen und dahin gehen, wo du willst. Es ist höchste Zeit, dass ich einmal die Führung übernehme."

"Du bist verrückt", zischte der Kopf. "Du wirst dich damit nur ins Unglück stürzen, das Schlimme aber ist, dass du mich dabei mitreißen wirst." Der Schwanz jedoch blieb hartnäckig, er wollte dies nicht einsehen, und so verrannten sich die beiden bald in so heftige und hitzige Streitigkeiten, dass der Kopf nachgab, nur um Ruhe zu haben. Dabei sagte er jedoch: "Ich habe dich jedenfalls gewarnt."

Sofort übernahm der Schwanz die Führung, aber noch ehe er wusste, was geschah, landete er bereits in einer Wasserpfütze. Wäre der Kopf nicht vorangeeilt, um ihm zu helfen, wären sie beide verloren gewesen. Dann stürzte er sich in ein Feuer, und natürlich schleifte er den Kopf hinter sich her. Beide verbrannten sich so stark, dass es sie fast das Leben kostete.

Auch danach hatte der Schwanz seine Lektion noch nicht gelernt, er bestand vielmehr blindlings darauf, weiter voran zu sein und zu führen. Der Kopf war der Sache schon mehr als überdrüssig, da er aber sein Wort gegeben hatte, musste er wohl oder übel diesem Narren folgen. Kurz darauf kam es denn auch zur Katastrophe. Der Schwanz war in ein dichtes Gebüsch von Nesseln und Dornen gesprungen. Er sowie der Kopf drehten und krümmten sich, immer mehr und immer wilder, bis sie sich vollständig verknotet und unlöslich verstrickt hatten.

Sie mühten sich ab, sie zerrten und zogen und krümmten sich, aber die Verstrickung war so hoffnungslos, dass sie sich nicht mehr freimachen konnten Und so gingen sie im Gebüsch kläglich zugrunde, und nur weil der Schwanz starrsinnig und töricht darauf bestanden hatte, den Kopf anzuführen!

Der Midrasch erzählt, dass die Israeliten bei ihren Wüstenwanderungen von einem Pöbel begleitet wurden, von einem zusammen gewürfelten Haufen wilder, unwissender Menschen, die sich ihnen beim Auszug aus Ägypten angeschlossen hatten. Es handelte sich um Sklaven, die sich einen Vorteil daraus versprachen, der Knechtschaft in Ägypten zu entkommen, als die Israeliten befreit wurden. Dieser Pöbel aber war nur darauf bedacht, Vorteile zu ergattern, ohne gleichzeitig Verpflichtungen einzugehen oder Verantwortungen zu übernehmen. Diese Menschen hatten sich der Disziplin des von Moses überbrachten G-ttlichen Gesetzes niemals völlig unterworfen, und sie waren ein ständiger Stein des Anstoßes innerhalb des Volkes. Sie waren es, die zum Beispiel die Israeliten dazu aufhetzten, das Goldene Kalb zu verlangen und es zu umtanzen, während sie in das schrille Geschrei ausbrachen: "Dies sind deine Götter, Israel!" Fast hätten sie damit die vollständige Vernichtung des jüdischen Volkes zuwege gebracht.

Auch andere hässliche Vorfälle während der Wüstenwanderungen, bis zu den Ereignissen, die in der dieswöchigen und der nächstfolgenden Sidra Erwähnung finden, sind direkt oder indirekt auf diesen Pöbel zurückzuführen. Die Geschichte vom Kopf und Schwanz der Schlange trifft hier durchaus zu, denn diese wilden Sklaven hatten die Rolle des "Schwanzes" übernommen; und wenn immer die Israeliten so töricht waren, dem "Schwanz" statt dem "Kopf" (Moses) zu folgen, waren die Folgen verheerend.

Die Lehre ist eindeutig – wie schon oben vorgezeichnet: Wehe demjenigen, der zulässt, dass er von Toren oder Schlechtgesinnten angeführt wird. Heil dem, der in allen Umständen den Lehren der Großen und der Weisen folgt.