Die allererste Mitzwa an das jüdische Volk ist „die Heiligung des Neumonds“. Sie wird in unserem Wochenabschnitt erwähnt: Dieser Monat sei euch der Kopf aller Monate, der erste der Monate sei er euch.1 Die Thora gebietet dem jüdischen Volk den Beginn jedes Monats anhand des Erblickens des Neumonds festzulegen. Diese Festlegung ist die Heiligung des Monats. Das jüdische Gericht hatte diese Aufgabe. (Mit der Auflösung des jüdischen Gerichts trat ein festgelegter, jüdischer Kalender in Kraft.)
Die Tatsache, dass die Heiligung des Monats die erste Mitzwa ist, zeugt von ihrer Zentralität. Raschi bringt auch in seinem ersten Kommentar zur Thora die im Midrasch gestellte Frage, warum denn die Thora nicht mit der ersten Mitzwa an das jüdische Volk beginnt. Allein aus der Frage wird die Bedeutung dieser Mitzwa ersichtlich.
Geheiligte Zeit
Die Mitzwot haben viele Bedeutungen. Doch der wesentliche Sinn der Mitzwot liegt darin, die Welt zu heiligen. Deshalb erfüllen wir die Mitzwot mit materiellen Gegenständen, denn dadurch werden sie mit g-ttlicher Energie durchflossen und die Welt so allmählich geheiligt.
Doch das Besondere an der Mitzwa „den Neumond zu heiligen“ ist ihr Einfluss auf einer Ebene, die über der Materie steht, nämlich die Zeit. Diese Mitzwa bewirkt, dass ein gewöhnlicher Tag zu Rosch Chodesch (Monatsbeginn) wird, ein heiliger Tag. Sobald das jüdische Gericht diese Mitzwa erfüllt und einen profanen Tag zum Neumond erklärt, bringt es g-ttliche Energie in die Ebene der Zeit. So wird auch die Zeit, welche ebenfalls eine Schöpfung und nicht ein vom Menschen erschaffenes Medium ist, geheiligt.
Verschiedene Stufen
Aus dieser Perspektive unterscheidet sich die Mitzwa „den Neumond zu heiligen“ von allen anderen Mitzwot. Erstens erreicht und heiligt sie eine Ebene, die keine andere Mitzwa erreicht, nämlich die Zeit. Zweitens: Jede andere Mitzwa bringt die Heiligkeit nur zu einem gewissen Bereich in der materiellen Welt. Auch darin gibt es verschiedene Stufen. Es gibt Gegenstände, die gänzlich die Heiligkeit der Mitzwa absorbieren, wie Tefillin; es gibt Gegenstände, die weniger Heiligkeit erhalten, da sie nur Hilfsmittel für das Erfüllen der eigentlichen Mitzwa sind; und dann gibt es Dinge, die man im Alltag braucht, der Jude sie aber mit der Absicht benutzt, um G-tt besser dienen zu können, wie Essen, Trinken, Geldverdienen usw. Dadurch bekommen sie einen Hauch von Heiligkeit.
Doch die Mitzwa „den Neumond zu heiligen“ hat Einfluss auf der ganzen Zeitebene. Sobald das jüdische Gericht einen Tag zum Neumond erklärte, wirkte seine Heiligkeit auf dem ganzen Monat und sogar auf das ganze Jahr, denn auch das Schaltjahr (die Hinzufügung eines weiteren Monats) legte das jüdische Gericht fest.
CHITAT-Studium
Ein weiterer Vorteil dieser Mitzwa ist, dass sie eine Ebene erreicht, die außerhalb der Kontrolle des Menschen liegt. Man kann die Zeit nicht verlängern oder verkürzen, beschleunigen oder aufhalten und sie gilt für alle gleich und alles steht unter ihrem Einfluss. Die Zeit ist ein mächtiges Medium. Dennoch gibt G-tt dem jüdischen Volk die Kraft, sogar auf die Zeit Einfluss zu nehmen, mit ihr eine Mitzwa zu vollbringen und sie zu heiligen!
Dies ist auch einer der Gründe dafür, weshalb der Lubawitscher Rebbe jedem empfahl,2 das tägliche Chumasch-Tehilim-Tanja-Studium (abgekürzt: CHITAT) zu begehen,3 denn sie inkludieren die drei Zeitzyklen: Woche, Monat und Jahr.
Durch das Chumasch-Studium heiligt man den Wochenzyklus – jeden Wochentag eine Episode des Wochenabschnitts aus der Thora; durch das Tehilim-Lesen heiligt man den Monatszyklus, denn das ganze Tehilim(Psalmen)buch ist auf einen Monat aufgeteilt und durch das Tanja-Studium, welches auf das ganze Jahr aufgeteilt ist, heiligt man den Jahreszyklus. Das Resultat: die Heiligung aller Zeitebenen!
(Likutej Sichot, Band 31, Seite 28)
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