Ein besonderes Gebot sollten die Kinder Israels wenige Tage vor dem Auszug aus Ägypten erfüllen. Das Wort G-ttes erging an Mose: Jede Familie soll am Zehnten des Monats Nissan ein Lamm in ihr Haus bringen, es dort für vier Tage aufbewahren und am vierzehnten Nissan als „Pessachopfer“ darbringen.
Aus welchem Grund sollten die Hebräer das Lamm für vier Tage in ihren Häusern aufbewahren? Unsere Gelehrten erklären1: Dies hatte einzig den Sinn die Aufmerksamkeit der ägyptischen Nachbarn zu wecken, so dass sie alle verwundert zu den Hebräern kamen mit ein und derselben Frage: „Warum hütet ihr ein Lamm in euren Häusern, und was gedenkt ihr damit zu tun?“
Das „heilige Lamm“
Die hebräischen Sklaven, den ägyptischen Herren gegenüberstehend, waren nun in ernsten Schwierigkeiten (milde ausgedrückt). Bekanntlich wurde im Alten Ägypten das Lamm als Gottheit verehrt. Dem ägyptischen Nachbarn zu erklären, dass der hebräische Sklave diese ägyptische Gottheit aufbewahrt um sie zu schlachten, fände ganz bestimmt keinen Anklang in seinen Ohren!
Doch gerade in diesem Punkt lag der Sinn dieses Gebots – die Juden auf die letzte Probe zu stellen, ob ihr Vertrauen in G-tt tatsächlich stark genug wäre, dass ihr Glaube sogar die Angst vor den Ägyptern und grausamen Konsequenzen überwände! Folgen sie G-tt, auch wenn dies mit großer Gefahr verbunden ist?
Das jüdische Volk bestand die Prüfung. Mit mutigem Herzen befolgten sie G-ttes Gebot und offenbarten furchtlos den Ägyptern ihre Absichten, nämlich deren Gottheit dem ewigen G-tt darzubringen! Wegen dieses starken Vertrauens der Hebräer und ihrer Bereitschaft der wortwörtlichen Hingabe an G-tt verdienten sie sich die Befreiung aus Ägypten!
Ähnliche Zeiten
In vielen Hinsichten2 ähneln die letzten Augenblicke vor dem Auszug aus Ägypten dem Zeitalter, in dem wir uns heute befinden – „die letzte Generation der Galut und die erste der vollkommenen Erlösung“, wie der Lubawitscher Rebbe diese Ära bezeichnete.3 Wie damals erwarten wir auch heute schon sehnlichst die endgültige Erlösung, welche unmittelbar bevorsteht. Und wie damals erwartet auch jetzt G-tt von uns Vertrauen in Ihm und die Bereitschaft bedingungslos Seinen Willen zu erfüllen – als Vorbereitung für das Kommen des Maschiach.
Das kann die schweren Zeiten, auf geistiger wie auch materieller Ebene, erklären, die das jüdische Volk besonders im letzten Jahrhundert überwinden musste. Das gequälte Volk übersteht allen Schmerz, überwindet alle Folterungen für seinen Glauben, die jüdische Erziehung seiner Kinder und für sein Land, bis zur wortwörtlichen Hingabe, denn durch die Erfüllung des g-ttlichen Willens verdienen wir uns auf diese Weise wahrhaftig die vollkommene Erlösung!
Die Stütze des Judentums
Aus dieser Perspektive sind alle Gebote zu betrachten, aber vor allem ein Gebot, welches die Stütze des ganzen Judentums bildet – die Nächstenliebe. Wie die Hilfe im Materiellen auszusehen hat, bedarf wohl keiner Erklärung. In Bezug auf die Hilfe im Spirituellen erläutert der Lubawitscher Rebbe: Vermittle deinem jüdischen Nächsten, welcher von seinem Judentum entfernt ist, die Werte der Thora, und zwar mit Liebe und Wärme. Ermutige ihn Tefillin zu legen oder einer Thorastunde beizuwohnen. Auch wenn dein Vorhaben mit Schwierigkeiten verbunden ist, gib nicht auf. Erfülle dieses Gebot mit wahrer Hingabe. Selbst wenn dein Nächster seinem Judentum mit Abneigung begegnet, ist das kein Grund aufzugeben; das zeigt sogar, wie sehr ihn dieses Thema seelisch betrifft.
Die Ägypter versuchten nicht einmal die Hebräer an der Darbringung des Lamms zu hindern; so auch fallen alle Hürden, wenn man ehrlich und voller Hingabe sein Judentum angeht; und jene, die anfangs dem Judentum Abneigung zeigten, wandeln sich zu Freunden und Liebenden ihres Glaubens, so dass sie selbst andere mit dem Licht der Thora erwärmen!
(Likutej Sichot, Band 1, Seite 127)
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