Wenn jemand behauptet, Religion sei trocken, ätherisch und feindselig gegen körperliches Vergnügen, dann nehmen Sie ihn mit zu einem G–ttesdienst am Sukkot.

Nach dem ernsten Bußfest Rosch Haschana und Jom Kippur kommt uns diese “Jahreszeit unseres Jubels” fast sinnlich vor.

Sie streichen mit den Händen über den Esrog und genießen seine Konturen. Sie hören den Lulaw zischen und rasseln; er ist das Symbol der Ernte und zugleich ein Musikinstrument.

Und Sie sind draußen im Freien unter einem Dach aus Zweigen und Blättern. Sie schwelgen in der knusprigen Verheißung der Erntezeit und fühlen sich mit dem Himmel über Ihnen verbunden. “Jeder in seiner Weinlaube und unter seinem Feigenbaum.”

Trocken? Freudlos? Wohl kaum. Wir lachen, singen und wundern uns über die Vielfalt und Schönheit der Gaben G–ttes.

Sukkot ist die Welt, der Kosmos und die Geschichte innerhalb einer einzigen Woche. Es vertieft unseren Kontakt mit dem grünen, großen Planeten, auf dem wir wohnen und arbeiten. Es erinnert uns an unsere Ahnen, die vom Land lebten und ihre Zelte darauf bauten. Wir werden demütig, wenn wir aus unseren Häusern hinausschauen und die gewaltige Schöpfung betrachten.

Das ist zugleich eine Lektion über die physischen Aspekte des Judentums. Unsere Verbindung mit G–tt hat zwei Seiten. Er reicht uns seine Hand und schenkt uns Weisheit, Größe und Freude in den Worten der Tora und in den Mizwot.

Doch wenn wir die Hand nach ihm ausstrecken, tun wir das nicht nur, um möglichst spirituell zu werden. Wir haben eine materielle Natur, damit wir sie nutzen! Die Weisen schelten jene, die sich von ihrem physischen Sein abkapseln. Das Materielle ist unser Schicksal und unser Sinn.

Sie haben sich während der zehn Tage der Buße eifrig bemüht, Ihre Seele zu läutern. Genießen Sie nun mit dem gleichen Eifer den irdischen Sukkot!

Die Früchte der Ernte sind für das Verständnis G–ttes ebenso wichtig wie die Früchte der Tora. Freuen wir uns also über beide.