(tô'rä) תורה Wurzel: יורה
Verwandte Begriffe: Anweisung הוראה, Lehre מורה


Was ist Tora?

Empfinden Sie den Gebrauch dieses Begriffes als verwirrend, dann sind Sie auf dem richtigen Weg. Theoretisch steht das Wort „Tora“ für jede Lehre, doch hat es praktisch eine spezifizierte Deutung:

  • Tora bezieht sich auf die fünf Bücher Moses
  • Tora kann sich auch auf die gesamte geschriebene Tora beziehen, die alle Heiligen Schriften umfasst.
  • Tora kann die mündlich übertragene Tora bedeuten, die folgende Teile beinhaltet:
    • Die Zusammenstellung der in der Mischna schriftlich festgehaltenen Gesetze und Entscheidungen, zusammen mit weiteren nicht in die Mischna hineingenommenen, akzeptierten Aussagen (Braita).
    • Die schriftlich festgehaltenen Diskussionen und Erörterungen im Talmud (Gemara).
    • Die ebenfalls im Talmud befindlichen Geschichten (Aggada) und ihre Moral, sowie die midraschischen Werke.
    • Weitere in praktizierenden Jüdischen Gemeinden akzeptierte Lehren, die sich auf einen Präzedenzfall berufen, oder die sich auf anerkannte aus vorangehenden Texten und Meinungen stammende Mittel stützen.1

Was ist daran so einzigartig?

"Wenn dir jemand sagt, dass es Weisheit unter den Völkern gibt, glaube ihm. Wenn dir jemand sagt, dass es Tora unter den Völkern gibt, glaube ihm nicht."

—Midrasch2

Tora unterscheidet sich von der Weisheit ganz allgemein. Unsere Weisen sagen sogar, dass Tora aller Existenz vorangeht3, dass sie den Bauplan des ganzen Kosmoses enthält4 und dass die Existenz des Kosmoses vom Lernen der Tora abhängt5.

Selbst der Begriff "G-ttliche Weisheit" reicht nicht aus, die Größe der Tora zu beschreiben, denn schließlich basiert unser Universum auf dieser G-ttlichen Weisheit. Unsere Umgebung, unser Körper und sogar unser beobachtender Verstand sind von unfassbarer Ausgestaltung. Wie der Psalmist schon sagt: "Wie wunderbar sind Deine Werke, oh Ewiger! Alle hast Du mit Weisheit vollbracht!"6 Doch die Gesetze der Tora stehen über der Natur und sind mehr als "Weisheit".

Menschliche Weisheit kann als die Fähigkeit, Naturgesetze vorauszusehen, beschrieben werden: Wir nehmen ihre Schemen wahr und berechnen ihre zukünftige Reaktion. Wir bemühen uns, das zu erkennen, was ist, um das, was noch sein wird, vorherzusagen, und auch, was noch werden könnte, falls wir die entsprechende Wahl treffen. Was sein sollte, muss jedoch durch eine andere Methode, die weder durch unseren Verstand noch durch unsere Berechnung erfolgen kann, herausgefunden werden.

Die Weisheit rät jedem Menschen, seine Umwelt mit soviel Würde und Respekt zu behandeln, wie er es sich von ihnen wünscht. Doch diese Entscheidung bleibt jedem Menschen selbst überlassen. Und manchmal lohnt es sich sogar, das auf ihn zurück fallende Negative zugunsten eines anderen Vorteils auf sich zu nehmen. So begreift der menschliche Verstand, dass das Wegnehmen uns nicht gehörender Dinge keine gute Idee ist. Doch derselbe Verstand kann es manchmal als lohnend empfinden, bereits für einen kurzen gewinnbringenden Moment die eventuellen Konsequenzen zu tragen.

Die Tora teilt uns die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit, gibt uns aber auch Anweisungen, wie z.B. "Du sollst nicht stehlen." Sicher ist die philosophische Erkenntnis lobenswert, dass der Respekt des privaten Eigentums für den Einzelnen wie für die Gesellschaft von großem Nutzen ist. Doch der Grund, warum wir nicht stehlen, liegt in der Tora begründet: „Wir stehlen nicht, weil der Schöpfer es so will.“

Tora als Einheit

Der Schöpfer hat diese Welt nach dem Bauplan der Tora erschaffen. Sie beinhaltet den Willen des Schöpfers und drückt nicht nur „was ist“ aus, sondern „was sein sollte“. Durch die Tora teilt der Schöpfer Seine innigsten Wünsche mit dem Erschaffenen.

Der Keim der Tora wurde mit dem Erlebnis am Sinai-Berg gesät und in den fünf Büchern Moses aufgezeichnet. Doch die Stimme von Sinai ertönt weiterhin in jeder Generation, wenn die Tora-Lernenden diesen Keims offen legen, neue Bedeutungen, die seit Jahrtausenden auf ihre Entdeckung warten, und neue Anwendungen finden, die bereits in der Tora von Sinai enthalten waren7. Schließlich ist die ultimative Lehre jene, die den Lernenden auf einen Aussichtspunkt erhebt, von dem aus er seine eigene Beurteilung mit den Werkzeugen seines Lehrers bewerten kann.

Das Umsetzen in die Praxis

Unser Ziel beim Vertiefen ins Tora-Studium besteht nicht im Anhäufen von Informationen, sondern soll uns eine Ahnung verschaffen, wie der Schöpfer mit der Schöpfung in Verbindung steht und die Welt aus Seiner Perspektive betrachtet. Dadurch, dass wir die G-ttliche Denkweise annehmen, vereinen wir uns mit Seinem Geist, und bald blühen Seine Vorlieben auch in uns auf. Seine Gedanken sind unsere Gedanken und unsere Gedanken die Seinen. Keine vergleichbare Vereinigung kommt in jeglicher anderen Weisheit zu Stande.