Ausgewählt und übersetzt von Levi Sternglanz
Das Öl-Krüglein, das die Hasmonäer im zurückeroberten Tempel mit dem Siegel des Hohepriesters verschlossen fanden, reichte bloß für den ersten Tag. Das Wunder, dass es auch die sieben Tage danach – bis zur Herstellung neuen, reinen Öls – brannte, feiern wir zu Chanukka. Demzufolge aber sollten wir Chanukka doch nur sieben Tage feiern, oder?
Diese Frage stellt der Bet Josef (Tur, Orach Chajim, § 670), der Verfasser des halachischen Standardwerkes Schulchan Aruch – und präsentiert drei Antworten darauf:
- Die Hasmonäer wussten, dass es acht Tage dauern würde, bis Nachschub an koscherem Öl produziert würde. Sie wollten aber vermeiden, die Menora für bloß eine Nacht zu zünden und die folgenden sieben Nächte aussetzen zu müssen. Sie beschlossen daher, das vorhandene Öl in acht gleiche Teile zu teilen. Durch ein Wunder aber reichte die kleine Menge, die in der ersten Nacht verwendet wurde, für die gesamte Nacht, und dasselbe geschah in den folgenden sieben Nächten.
- Nachdem sie die Menora in der ersten Nacht befüllt hatten, sahen sie, dass der Krug voller Öl blieb. Dieses Wunder wiederholte sich in den folgenden sieben Nächten.
- Am Abend füllten sie alles Öl in die Schalen der Menora und zündeten sie. Am Morgen danach waren die Schalen zu ihrem Erstaunen noch immer voller Öl. Auch nach dieser Interpretation fand das Öl-Wunder schon am ersten Abend statt.
Da der Tempel nach der Befreiung noch immer durch Götzen und Spuren heidnischer Opferrituale verunreinigt war, zündeten die Hasmonäer ihre Menora in der ersten Nacht im Freien, im Tempelhof. Gewöhnlich brennt eine Flamme, die offenem Wind ausgesetzt ist, schneller als eine Flamme, die im geschützten Gebäudeinneren brennt. Dennoch brannte die eine Tagesration im Freien so lange wie sie im Gebäude drinnen gebrannt hätte.
Deraschot Chatam Sofer
Eines der Gebote, dessen Ausführung von den Seleukiden verboten wurde, war die Beschneidung. Dementsprechend fügten die Weisen einen achten Tag zu Chanukka hinzu um auf die Beschneidung hinzuweisen, die am achten Tag eines Kindes ausgeführt wird.
Schiltej Giborim
Die Hasmonäer dünnten die Dochte auf ein Achtel ihres gewöhnlichen Umfanges aus, damit nur ein Achtel des Öls verbraucht würde. Obwohl der Schein der Menora dadurch sehr schwach sein würde, bevorzugten sie diese Notlösung gegenüber der Option, die gewohnten Dochte zu verwenden, dann aber sieben Tage lang die Menora nicht zünden zu können. Durch ein Wunder aber produzierten diese sehr dünnen Dochte dieselben schönen, vollen Flammen wie immer.
Panim Jafot
Am ersten Tag fand tatsächlich kein Wunder statt, und die acht Tage des Feierns beziehen sich nicht nur auf das Ölwunder.
Der erste Tag (25. Kislew) wurde vielmehr als Dank zu G-tt für die Rettung vor den syrisch-griechischen Besatzern und für die Hilfe beim Finden des einen Krügleins unberührten Öls zum Feiertag erklärt. Die weiteren sieben Tage von Chanukka gedenken des Wunders, dass eine Ölmenge, die nur für einen Tag reichen würde, wundersamerweise weitere sieben Tage brannte, bis Nachschub zur Verfügung stand.
Me’iri
R. Schimon Schalom Kalisch von Amschinov-Otwock (1882–1954) erklärt die acht Tage von Chanukka mit der Aussage in Maos Zur: „Benej vina jemej schemona kavu schir u’renanim“ – „Weise Menschen legten acht Tage für Gesang und Freude fest“.
Der Lauf der Natur ist nicht weniger Wunder als übernatürliche Ereignisse. Der Umstand, dass Öl überhaupt brennt, ist genauso ein Wunder wie ein ungewöhnlich langes Brennen. Als man Chanukka als Feiertag festlegte, wollte man nicht dem Trugschluss Vorschub leisten, nur das Übernatürliche sei eine Erwähnung wert, während die Kräfte der Natur von alleine walten. Deshalb spricht der Vers von „benej vina jemej schemona kavu“ – man braucht benej vina, ,weise Menschen‘, um acht Tage festzulegen und nicht sieben.
Der Name Chanukka (הכונח) wurde aufgrund der historischen Tatsache gewählt, dass die jüdischen Kämpfer von ihrem Kampf gegen die Seleukiden ruhten am fünfundzwanzigsten Kislew.
Kol Bo; Abudraham; Tur; Ran
Der hebräische Begriff Chen, bedeutet „Gunst“. So kann Chanukka auch bedeuten, dass die jüdischen Kämpfer Gunst fanden in G-ttes Augen am fünfundzwanzigsten Kislew.
Noam Elimelech
Das Or Ha-Ganus, das ursprüngliche Licht der Sechs Schöpfungstage – wird offenbart, während die Chanukka-Lichter brennen. Dieses Licht ist gleichzeitig das Licht der messianischen Zeit – und deshalb wird das Fest „Chanukka“ genannt, weil es eine spirituelle Vorbereitung („Chinuch“) für die Erlösung der Welt ist.
Bnej Jisas’char
Das Tischgebet am Chanukka-Schabbat ist das längste des Jahres, drei Passagen werden hinzugefügt: Al ha-Nissim für Chanukka, Reze we-hachlizenu für Schabbat und Ja’ale we-jawo für Rosch Chodesch.
Dieser Schabbat ist auch einzigartig in dem Umstand, dass drei Torarollen für die Lesung in der Synagoge verwendet werden. In der ersten Rolle werden sechs Personen für das Lesen des wöchentlichen Toraabschnittes aufgerufen, in der zweiten wird eine siebte Person aufgerufen für die Lesung von Rosch Chodesch; in der dritten Rolle wird die Chanukka-Lesung als Maftir gelesen.
Schulchan Aruch
Im Midrasch steht zum Vers: „Ich rüste eine Leuchte meinem Gesalbten“ (Ps. 132:17), dass der Messias im Verdienst unseres Zündens der Menora kommen wird (Tanchuma, Tezawe 89). Das Wunder von Chanukka dauerte tatsächlich nur sieben Tage, aber einen zusätzlichen Tag fügte man hinzu für die beschleunigte Ankunft des Messias, möge er rasch in unseren Tagen im Verdienst unserer Chanukka-Kerzen kommen.
R. Joel Teitelbaum von Satmar, Diwre Joel
Der Talmud lehrt: „Wer das Zünden der Lichter (von Schabbat und Chanukka) sorgfältig beachtet, dessen Kinder werden Toragelehrte sein.“ (Schabbat 23b)
Jemand der regelmäßig ein Gebot erfüllt, kommt vom Begriff Gewohnheit. Der Talmud lehrt uns mit seiner Aussage, dass man Kinder nur zu jüdischen Werten erziehen kann, wenn man die Gebote nicht bloß aus Gewohnheit ausführt, sondern mit ständig neuem Licht und mit spiritueller Vitalität auflädt.
R. Jizchak Me’ir Alter von Ger, Chidusche ha-Rim
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