Ich erinnere mich, die Nachrichten Sonntag früh (israelischer Zeit) gehört zu haben, und zum Flughafen geeilt zu sein. Ich erinnere mich, am Friedhof Stunden nach dem Begräbnis angekommen zu sein, inmitten einer immer noch nachströmenden Menschenmenge aus aller Welt, so wie es die ganze Nacht und noch die folgenden Tage und Nächte weiterging.

Wir (meine Frau, meine 20 Monate alte Tochter und ich) kamen mit den Kleidern die wir trugen, in der Annahme dass wir den Charter-Rückflug nach Tel Aviv am selben Abend nehmen würden. Wir blieben sieben Tage. Die meiste Zeit davon verbrachte ich in einem Büro in 770 Eastern Parkway, an einer Sonderausgabe der „Week in Review“ arbeitend, einem wöchentlichen Überblick über die Lehren des Rebben, den ich damals edierte. Ich erinnere mich daran, mit zunehmender Verwunderung beobachtet zu haben, was in der Chabad-Lubawitsch-Gemeinde geschah – und was nicht geschah.

Es geschah alles mögliche Vorstellbare – ausgenommen die natürliche, vorhersehbare Sache, die alle erwartet hätten.

Da waren Schock und Unfassbarkeit. Da waren Schmerz und Agonie. Da waren leidenschaftlicher Widerspruch und inbrünstige Erwartung und viele, viele unbeantwortete und unbeantwortbare Fragen.

Aber da war nicht: Verzweiflung. Da war keine Lähmung. Jeder und jede einzelne von den Botschaftern, Schülern und Anhängern des Rebben fragte sich: „Was sollte ich jetzt tun?“ – Und tat es!

Ich erinnere mich, wie ich dachte: Der Rebbe, der so gut wie jeden Aspekt des Lebens neu definiert hat, hat auch den Tod neu definiert.


So war die Art des Rebben. Er pflegte, zum Beispiel, den Begriff „Arbeit“ zu betrachten: Mit sicheren und klaren Schritten, abgeleitet aus der Weisheit der Torah und der Wahrheit tagtäglicher Erfahrung, pflegte er zu zeigen, dass Arbeit Kreativität ist, Kreativität ist ihrerseits menschliche Partnerschaft mit dem Schöpfer, und des Menschen Partnerschaft mit dem Schöpfer ist der Sinn des Daseins menschlichen Lebens.

Diese Wahrheit wurde natürlich schon vor tausenden Jahren im Bibelvers „der Mensch ist geboren um zu arbeiten“ festgestellt. Doch dieses Statement, welches uns immer als eine Melancholie, als unausweichliches Faktum im Leben, getroffen hatte, wurde in den Händen des Rebben zum Schlüssel des Verstehens was uns motiviert, was uns Sinn und Erfüllung in unserer täglichen Arbeit erreichen lässt.

Er tat dasselbe mit Begriffen wie „Heirat“, „Liebe“ oder „Rakete“. Er pflegte ein natürliches Phänomen, eine kulturelle Besonderheit, eine alltägliche Handlung zu besprechen – und noch bevor er seine Analyse und Erklärung beendet hatte, war es etwas völlig Anderes. Nein – es war das, was es immer gewesen war, jedoch in der Klarheit seiner Einsicht wurde die Essenz der Sache dargelegt, aufdeckend wie karg und schal unsere frühere Vorstellung war.

In einer seiner Reden zitierte der Rebbe das talmudische Diktum, dass „Schlaf ein Sechzigstel des Todes“ ist. Nun, sagte der Rebbe, wenn Schlaf eine Form des Todes ist, dann ist Tod eine Form des Schlafes. Schlaf ist nicht eine Beendigung oder Unterbrechung des Lebens – er ist eine Zeit des Kraft-Tankens, das Mittel durch welches Körper und Seele ihre Energie für einen frischen und erfrischten Anlauf des kommenden Tages erlangen. So ist es mit dem Tod. Tod, sagte der Rebbe, ist ein „Abstieg um des Aufstiegs willen“, ein Zurückziehen des Pfeils des Lebens damit er durch den Bogen des Vakuums mit verdoppelter Kraft angetrieben werden kann.

Wie? Wann? Wo? Die unbeantworteten Fragen bleiben unbeantwortet. Aber wir wissen, was wir zu tun haben. Und wir tun es. Du kannst es selbst herausfinden – wenn du am Planeten Erde wohnst, stehen die Chancen gut, dass du in erreichbarer Distanz ein Chabad-Lubawitsch Zentrum vorfindest.

Der Rebbe hat uns gut trainiert.