Meine Mutter, G-tt segne sie, sagte mir, es kommen Männer und Frauen zu dieser Welt, doch sie stehen darüber. Meine Großmutter erzählte Geschichten über die Zaddikim von Baghdad, wo sie geboren wurde.

Wenn Ihnen Ihre Mutter niemals derartiges erzählt hat, so lassen Sie mich dieses nun tun: Eine Welt ohne heilige Männer und Frauen ist wie ein Haus ohne Fenster. Eine gemauerte und gekalkte Zisterne des Universums, welche keinen Ausgang ermöglicht.

Natürlich kann man immer Bilder an die Wände malen. Möglicherweise sie auch von innen beleuchten. Man könnte auch Spiegel nutzen, oder eine Großbildleinwand. Sie würden sich vorstellen, dass sie darüber hinaus sehen würden, während sie nur die Wiedergabe dessen betrachten, was sich bereits darin befindet.

Und so bedürfen wir unserer wundervollen Mütter und andere reine Seelen, welche uns in aller Natürlichkeit erzählen, „Sei kein Narr. Dort sind Fenster, und du kannst ihnen einfach von Gemälden an der Wand erzählen.“

Deine Mutter hat dir dies ebenfalls gesagt, wie es auch die meine tat: Das das Bedeutendste eines Fensters darin liegt, dass nichts darin ist. Es schützt dich, wie eine Vogelmutter ihre Kinder vor Situationen schützt, für die sie noch nicht vorbereitet sind. Aber es unterstützt dich in dem, was du benötigst. Wenn es ausrufen würde, „Hier bin ich! Ich bin ein Fenster! Ich lehre dir die große weite Welt!“, so ist es nur ein Gemälde auf einer Mauer. Ein Gemälde ist ein Ausdruck, für den jemand ein Bedürfnis hatte ihn zu erschaffen. Ein Fenster ist nicht mehr als ein Durchbruch des Lichtes.


Es gibt Fenster und es gibt Fenster. Fenster zum Norden hin, Fenster zum Süden. Der Zukunft zugewandt und zur Vergangenheit. Ein Fenster kann eine Linse sein, welche die Wirklichkeit ohne Verzerrungen abbildet, die Details für sie aber vergrößert. Ein anderes Fenster projiziert ihre Vision in die Details der entfernten Berge. Nun zusammen, zu viele Fenster präsentieren einen einzelnen, gleich bleibenden Blick. Eines mag ihnen den Regen zeigen, welcher auf seine Oberfläche auftrifft, während andere die Strahlen der sonne filtern. Eins blickt auf einen atemberaubenden Abgrund, während ein anderes die Wirklichkeit ihres eigenen Hinterhofs zeigt. Aber zusammen genommen ist alles eine einzige Sicht. Weil alle Fenster eine einzige Wahrheit teilen. Die Wahrheit dessen, was existent ist.

So sind auch alle heiligen Männer und Frauen eins. Sie erhalten einer vom anderen, geben ein heiliges Feuer weiter, welches niemals verlosch seit sie es von Abraham und Sara erhielten, und sie von Noach und Na’ama, und sie von Adam und Chawa. Von ihnen wissen wir was jenseits ist und wohin wir gehen, wo wir stehen und in welche Richtung wir gehen müssen. Ohne sie würden den Geschöpfen gleich sein, welche unterhalb der Erde geboren würden und dort auch sterben, ohne jemals das Tageslicht gesehen zu haben. Mit der Anleitung dieser heiligen Seelen sehen wir nach außen und kennen unsere Reise, eine wunderbare Odyssee durch einen riesigen, fantastischen Kosmos.


Ich wusste, dass es Fenster zu unserem Universum geben musste, dass nicht alle Fensterläden verschlossen waren. Ich fand viele Gemälde, vielleicht ein paar Öffnungen in der Mauer, aber wenn ich ein Fenster fand, setzte ich mich davor und nahm sein Licht auf, seine Wärme, sein Panorama. Seine betäubende Offenbarung dessen was ist. Was jenseits ist und was sich auf der Innenseite befindet.

Lassen sie mich über die Worte des Rebbe sprechen: Sie sind keine Gedichte für die Lippen. Sie sind keine schönen Ideen für intellektuelle Spiele. Sie sind nicht notwendigerweise nett, im besonderen Maße angenehm. Sie sind Antworten. Sie sind dafür bestimmt Menschen in deren Leben zu bewegen. Das in jeder Sache zugrunde liegende Ziel zu zeigen.

Sie sind Antworten, weil sie für den Menschen bestimmt, der Fragen hat. Jemand der im Leben steht und auf eine Mauer trifft, Dinge, die sinnund ziellos erscheinen. Sie sind dafür bestimmt Fenster zu öffnen, so dass das Licht auf jeden Sachverhalt fällt, ihn erhellt und seine Bedeutung klar werden lässt.

Antworten sind niemals einfach, sie kommen zu denjenigen, die Raum dafür schaffen.


Möglicherweise fragt jeder, Was nun, nach dem der Rebbe von uns gegangen ist?

Zuerst sollten sie wissen – auch wenn es unsere Frage nicht beantwortet – dass der Rebbe weiter mit uns ist. Wie ein Vater oder eine Mutter, die diese Welt verlassen, weiterhin mit ihren Kindern vereint ist – nur noch viel intensiver. Wie jeder Zaddik, dessen Tod nicht mehr ist als ein Überschreiten der Grenzen des Körpers, zu einer Freiheit hin, in dieser Welt ohne derartige Begrenzungen zu wirken.

Für einen Zaddik, so transzendent wie der Rebbe, bewirkt kein Ereignis auf dieser Welt, auch nicht der Tod, einen wirklichen Wechsel. Sein Leben ist Wahrheit, und Wahrheit ist beständig. Er leitet diejenigen, die mit im verbunden sind, wie er es zuvor getan hatte, und führt fort Licht und Segen in unsere Welt zu leiten, gerade für diejenigen, die der Hilfe bedürfen, wie er es immer getan hat. Die einzige Veränderung für uns ist, dass unsere Augen die Welt zwar betrachten, jedoch den Zaddik vor ihnen nicht sehen können. Und dies ist unsere Frage: Wie können wir meinen fortfahren zu können, wenn doch unsere „Fensterläden“ geschlossen sind?

Die Frage umfasst aber noch mehr: Wo sind all die Zaddikim, wenn wir sie am meisten brauchen? Es war einmal, da lebten die Menschen ein einfaches Leben und hatten eine klare Vorgabe von ihren Lehrern und Eltern. Sie waren aufgrund ihres Glaubens davon überzeugt, dass Wunder geschehen konnten, und dass G-tt mit dem Menschen sprechen konnte. Welches Bedürfnis hatten sie für Zaddikim? Nun, mit unserer Desillusion und Apathie, bedürfen wir einer besonderen Person, dass G-tt weiterhin möglich ist. Nunmehr sind wir einsamer, als jemals zuvor.

Die Antwort ist, dass jeder von uns unser Fenster nun finden muss. Den Zaddik darin. Den Platz wo der Zaddik und der Student nicht länger zwei Wesen sind.

Dies ist der ganze Zweck. Die ganze Zeit und die ganze Schöpfung war ausgerichtet auf diesen Punkt: ein Punkt, an dem die Menschen nicht länger nach oben schauen, wo sich die G-ttlichkeit aus den Himmeln ergießt, sondern die G-ttlichkeit in sich selbst suchen, in den Menschen auf der Erde, die auf die Erde gehören. Wenn der Himmel die Erde erreicht hat und von innen spricht. Aus jedem von uns.

Der Zaddik hat uns gezeigt wohin wir sehen müssen. Nun verbirgt er sich, so dass wir entdecken können.

Nehmen sie die Weisheit des Rebbe auf, nicht als Worte, nicht als Ideen, sondern den Zaddik in ihnen zu fühlen. Finden sie einen Platz wo der Lehrer und der Student miteinander verschmelzen können.

Wenn dies genügend von uns getan haben, so wird die Zeit kommen, dass unsere Augen sehen können, dass sich alle Mauern auflösen und wir werden Welt sehen, wie sie wirklich ist. Wir werden die Weisheit des Rebbe wieder aus seinem Mund vernehmen – bis die Trennung zwischen Lehrer und Student nicht mehr besteht. Dann werden wir angekommen sein.

Möge dies eher sein als wir uns vorstellen können.