Was ist die Kabbala?
Kabbala (wörtlich für: ‚erhalten’) ist die jüdische mystische Überlieferung. Es ist die innere Dimension und „Seele“ der Tora. Kabbala ist nicht eine von Menschen erdachte Theologie, sondern es ist G-ttliches Wissen, das G-tt den Menschen mitgeteilt hat.
Wovon handelt die Kabbala?
Die Kabbala behandelt Schlüsselthemen wie den Sinn und Zweck der Schöpfung, wie G-tt die Welt erschuf, den Abstieg der Seele, G-ttliche Vorsehung und die Bedeutung und den Nutzen von Tora und Geboten (Mitzwot).
Wer darf sich dem Studium der Kabbala widmen?
Kabbala ist ein wesentlicher Bestandteil der Mündlichen Tradition. Es ist die Pflicht jedes Juden, sich dem Studium aller Teile der Tora – einschließlich Kabbala - seinen Möglichkeiten entsprechend zu widmen, wie es im Jüdischen Gesetzeskodex angeordnet ist. Juden, die noch nicht die Gebote halten, werden ermutigt, die mystische Seite des Judentums sowie die praktischen Gesetze, die unser tägliches Leben bestimmen, zu entdecken. Oftmals wirkt das Studium der Kabbala als Katalysator für Selbsterfahrung und inneres Wachstum. Die „Seele“ der Tora beleuchtet ihren „Körper“. Zusammen beleben sie den Jüdischen Geist.
Sollte man über 40 Jahre alt sein, bevor man sich dem Studium der Kabbala widmet?
Nein. In früheren Zeiten gab es Einschränkungen im Bezug auf den Personenkreis, der sich dem Studium der Kabbala widmen durfte. Diese Einschränkungen wurden jedoch von bedeutsamen Kabbalisten und Führungspersönlichkeiten abgeschafft. Rabbiner Yitzchak Luria, der durch das Akronym seines Namens Arisal bekannt ist, war ein berühmter Kabbalist des Sechszehnten Jahrhunderts. Er verkündete, daß es in diesem Zeitalter eine Mitzwa (gute Tat) ist, diese Weisheit zu offenbaren. Später offenbarte der Baal Schem Tow, der Gründer der Chassidischen Bewegung, daß das Kommen des Maschiach (Messias) vom Studium der inneren Dimension der Tora abhängt. Insofern sind die Einschränkungen der vergangenen Jahre nicht mehr gültig, wenn man sich beim Studium von fähigen Gelehrten und erfahrenen Lehrern leiten läßt.
Ist es sinnvoll, sich dem Studium der Kabbala zu widmen, selbst wenn man die Texte nicht versteht?
Obwohl es in spiritueller Hinsicht vorteilhaft sein kann, Passagen des Sohar's zu rezitieren, - selbst wenn sie noch nicht verstanden werden, - hat dies jedoch keine Priorität. Es ist wichtiger, Texte zu studieren, die man versteht und die zu einem tieferen und fortgeschritteneren Verständnis der Mitzwot (Gebote) führen können.
Kann man sich dem Studium der Kabbala allein widmen oder braucht man einen Lehrer?
Das Studium der Kabbala bedarf größter Vorsicht. Da sich die Kabbala mit Spiritualität und abstrakter Theologie befaßt, können die darin enthaltenen Gedanken missverstanden und sogar vulgär aufgefasst werden. Einige Amateurlehrer und, was noch schlimmer ist, leichtfertige Opportunisten machen eine Art von Fast-Food-Kabbala populär, welche die Lehre der Kabbala missverständlich repräsentiert und verbiegt. Angesichts dessen sollte man sich den Geheimnissen der Schöpfung mit allergrößter Vorsicht nähern. Obwohl es nützlich sein kann, Einführungsmaterial zum Thema zu lesen, sollte man sich letztendlich der Führung eines qualifizierten Lehrers anvertrauen (siehe unter der nächsten Frage im Bezug darauf, wie man einen angemessenen Lehrer finden kann).
Wer ist als Kabbalist qualifiziert?
Eine Voraussetzung ist es, daß ein Kabbalist die Tora ganz und gar befolgt. Das bedeutet, daß er sich nicht nur dem Torastudium widmet, - sondern auch praktiziert, was er lernt! Er muß sich viele Jahre lang unter der Anleitung eminenter Kabbalisten dem Studium der Geheimnisse der Tora gewidmet haben. Sein Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen sollte lobenswert sein, da die Nächstenliebe der Weg ist, durch den wir G-tt näher kommen können. Ein wahrer Kabbalist bleibt den Eitelkeiten der Welt fern. Er ist nicht an finanziellen Vorteilen, Ehre oder solcherlei Dingen interessiert.
Gibt es verschiedene Kabbalistische Gedankenrichtungen?
Ja. So wie ein Fluss verschiedene Zuflüsse hat, so hat die Kabbala auch verschiedene Gedankenrichtungen und Ansätze. In diesem Buch werden wir uns auf den Chabad-Ansatz konzentrieren, der die innere Dimension der Tora dem Durchschnittsverstand zugänglich macht.
Gibt es einen Unterschied zwischen Chassidut und Kabbala?
Ja. In der Kabbala wird G-tt auf eine sehr technische Art und Weise beschrieben, wobei Abbildungen, Zahlen und Diagramme verwendet werden. Im Chassidut wird dagegen das Model menschlicher Psychologie verwendet. Im Chassidut werden die Tiefen unseres eigenen Bewußtseins und Unterbewußten ergründet, um daraus G-ttliche Eigenschaften zu erschließen und besser zu verstehen. Im vorliegenden Buch verwenden wir den Begriff Kabbala als Oberbegriff, unter dem sowohl die Chassidische Lehre als auch Kabbala subsumiert werden.
Warum gibt es einige etablierte Jüdische Gruppierungen, die sich vom Studium der Kabbala fernhalten?
Traditioneller Weise widmete man sich nur dem Studium der Kabbala, wenn man eine solide Grundlage im Studium der Heiligen Schriften, Mischna und Talmud hatte. Deshalb sind einige dagegen, Anfängern Kabbala beizubringen. Da der jüdische Geist jedoch heutzutage aus dem Schlaf geweckt werden muß, ist das Studium der „inneren Dimension der Tora“ (Pnimiut HaTora) ein Lebenselixier geworden. Daher sollten in der heutigen Zeit sogar diejenigen, die noch nicht das Talmudstudium gemeistert haben, Kabbala studieren. Kabbalistisches und Chassidisches Gedankengut hat daher die vielfältigen Judaika, die heutzutage zur Verfügung stehen, durchdrungen.
Sollten Amulette und rote Bänder getragen werden?
Leider ist diesen Praktiken ein Übermaß an Bedeutung beigemessen worden. In einigen Fällen wurden diese Dinge sogar aus finanziellen Gründen angeboten. Wir sollten uns vielmehr darauf konzentrieren, alle Gebote (Mitzwot) zu befolgen, wie sie im Jüdischen Gesetzeskodex (Schulchan Aruch) dargelegt sind. Alle kabbalistischen Schulen sind sich darin einig, daß die sicherste Art und Weise, um G-ttes Segen und Schutz zu erhalten, darin besteht, die Gebote zu halten.
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