Rabbiner Menachem M. Schneerson
Lubavitch
770 Eastern Parkway
Brooklyn, NY 11213
Mit der Gnade G-ttes
10. Nissan 5741
Brooklyn, New York
An alle Teilnehmer des
Internationalen Symposiums über
Jüdischer Mystizismus
Gefördert durch die Lubavitch Foundation
London, England
Gruß und Segen
Ich habe mich darüber gefreut, dass dieses Symposium über Jüdischen Mystizismus veranstaltet wird und sende meine andächtigen Wünsche zu seinem Gelingen. Und Erfolg, oder besser hatzlacha in seiner wahren jüdischen Vorstellung, ist in der Tora verwurzelt, die darauf besteht, dass die Tat grundlegend ist - ‚Das Wesentliche ist die Tat’.
Mystizismus hat im Allgemeinen vielfältige Bedeutungen, aber jüdischer Mystizismus muss notwendigerweise auf bestimmte Themen hin definiert werden, die mit der nistar (inneren Dimension) der Tora zusammenhängen. Nistar ist eine der beiden Facetten der Tora: nigleh und nistar, das Offenbarte und das Verborgene. Es ist überflüssig zu betonen, dass es keinen Gegensatz zwischen den beiden geben kann, da es Eine Tora ist, die Ein G-tt ‚ein(em) Volk dieser Welt’ gegeben hat. Dem Baal Schem Tow gemäß spielt der Ausdruck ‚ein Volk dieser Welt’ auf die mystische Natur der jüdischen Seele an, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, die Einigkeit in der Vielfalt der weltlichen Dinge zu offenbaren.
Wir lernen im jüdischen Mystizismus, dass der Sinn darin, dass die Seele auf die Erde kommt, darin besteht, die Harmonie in der Schöpfung zu offenbaren. Der Anfang soll dabei mit der ‚kleinen Welt’, also dem Menschen, der aus nigle und nistar, aus Körper und Seele, besteht, gemacht werden. Innerer Friede und Harmonie können nur durch die Vorherrschaft der Seele gegenüber dem Körper erlangt werden, da man naturgemäß den Körper der Seele unterwerfen kann, und zwar bereitwillig, und im Fall eines wahren Mystikers sogar begeistert; dies ist umgekehrt nicht der Fall.
Jüdischer Mystizismus hilft uns, den oben angeführten Auftrag der Seele zu erfüllen, indem er ihr beibringt, wie sie die Spiritualität der Materie erkennen kann. Darüber hinaus lernen wir, dass sich in jedem physischen Objekt, sogar im Unbelebten, eine ‚Seele’ befindet, die die kreative Kraft ist, die es, ein Sein aus Nicht-Sein, geschaffen hat, und die es kontinuierlich davon fernhält, wieder in den vorherigen Zustand der Nicht-Existenz zurückzukehren. Dieser G-ttliche ‚Funke’ ist der wahre Kern und Wahrheit aller Dinge. Dieser Funke wird freigelassen und offenbart, wenn physische Materie für einen erhabenen Zweck beziehungsweise eine heilige Tat in Übereinstimmung mit dem Willen des Schöpfers benutzt wird. Beispiele dafür sind die Ausführung einer Mitzwa (Gebot), also Tefillin aus Leder und so weiter.
Eine der Aufgaben von Chabad ist es, die esoterischen Aspekte der Tora und der Mitzwot (Gebote) zu offenbaren und erläutern, so dass sie mit Hilfe der drei intellektuellen Fähigkeiten – Chochma, Bina, Daat - verstanden und zu rationalen Kategorien reduziert werden können, bis sie tatsächlich als Mitzwot ausgeführt werden. Letztendlich stellen wir fest, dass G-tt besser durch Taten (die Ausführung von Mitzwot) ‚begriffen’ werden kann, als durch Meditation, was einer der wichtigsten Unterschiede zwischen jüdischem und nicht-jüdischem Mystizismus ist.
Da wir kurz davor sind, das Pessachfest, das Fest unserer Befreiung, zu feiern, werden wir daran erinnert, dass yetziat mitzrayim (Das Herausgehen aus Ägypten – im Sinne von metzarim – ‚Begrenzungen’) ein kontinuierlicher Prozess des jüdischen Lebens ist. Wir erlangen ein wachsendes Maß wahrer Freiheit durch die tagtägliche Erfahrung von Tora und Mitzwot mit Betonung auf tatsächlicher Tat.
Mit Hochachtung und Segen für ein
Koscheres und anregendes Pessachfest,
(Unterzeichnet von: Menachem Schneerson)
ב"ה
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