In diesem Buch haben wir uns oft auf höhere Sphären oder Welten bezogen. Haben aber jemals menschliche Wesen diese Sphären erlebt und Augenzeugenberichte ihrer Erfahrungen abgelegt? Hat irgendjemand jemals mit einer verstorbenen Seele kommuniziert? Im folgenden werden wir kurz einige dieser Berichte darstellen. Zunächst werden Beispiele vom Talmud angeführt.

BERICHTE VOM TALMUD

  • Im Talmud Traktat Schabbat 88b wird berichtet, dass Moses zum Himmel aufstieg und mit den Engeln darüber debattierte, ob die Tora den Menschen gegeben werden sollte.
  • Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels warfen die Römer die jüdische Bevölkerung nieder und marterten zehn ihrer wichtigsten Weisen. Als die zehn Martyrer davon hörten, dass sie zu Tode gequält werden sollten, baten sie um drei Tage, um herauszufinden, ob dies ein himmlisches Urteil sei. Rabbiner Yischmael der Hohepriester stieg dann zum Himmel auf, indem er einen G-ttlichen Namen aussprach, und stellte diese Frage. Ihm wurde geantwortet, dass ein himmlisches Urteil tatsächlich ihren Tod verhängt habe. Dieser Bericht wurde dann in der Jom Kippur Liturgie in dem Eila Eskara Gedicht aufgenommen (siehe Talmud Traktat Berachot 51a).
  • Im Talmud Traktat Ketubot 77b wird erklärt, dass einer der größten Tora- Weisen der Mischna, Rabbiner Yehoschua Ben Lewi, den Garten Eden besucht hat.

DER ARISAL

Aus neueren Zeiten gibt es Berichte darüber, wie die Seele des heiligen Arisal zum Himmel aufgestiegen ist. Als der Arisal am Schabbatnachmittag schlief, bemerkte sein Student, Rabbiner Avraham Halevi, dass er flüsterte. Als Rabbiner Avraham sich hinunterbeugte, um zu hören, was der Arisal sagte, wachte dieser auf. Rabbiner Avraham erklärte, dass er gerne hören würde, was sein heiliger Lehrer gesagt habe. Der Arisal antwortete: „Wenn ich schlafe, geht meine Seele durch bestimmte, mir bekannte Wege zum Himmel auf. Die Engel bringen meine Seele vor den Engel Matatron, den Innenminister, der mich fragt, welches Seminar ich besuchen möchte. Beim Seminar übermitteln sie mir die Geheimnisse der Tora, die niemals zuvor offenbart worden sind und die noch nicht einmal in der Zeit der Tannaim (die Weisen der Mischna) bekannt waren.“

Als Rabbiner Avraham den Arisal bat, ihm nur eine dieser Geheimnisse zu offenbaren, lachte der Arisal und antwortete: „Ich bezeuge dem Himmel und der Erde, dass ich - ohne Übertreibung - nicht damit fertig werden könnte, zu berichten, was ich über Balaam’s Esel gelernt habe, selbst wenn ich noch achtzig Jahre lang leben würde. Wie soll ich dir dann eines der Geheimnisse offenbaren, da sie alle untrennbar miteinander verbunden sind?“ Dieser Bericht ist in Kapitel 1 des Buches Schifchei Ari enthalten.

CHABAD RABBINER

Noch zeitgenössischer sind die Geschichten der Chabad Rabbiner, die Visionen verstorbener Seelen hatten. Rabbiner Schneur Salman von Liadi, der Gründer von Chabad, der liebevoll Alter Rebbe genannt wird, berichtete, daß, als er in St. Petersburg wegen falscher Hochverrats-Anklage eingesperrt war, er von seinen verstorbenen Meistern, dem Maggid von Mesritsch und dem Baal Schem Tow, besucht worden sei. Sie sagten ihm, dass der wahre Grund für seine Gefangennahme die weite Verbreitung von Chassidut war, die eine himmlische Anklage gegen ihn verursacht habe. Er fragte sie, ob er damit aufhören solle, worauf sie antworteten, dass er im Gegenteil weitermachen solle. Schließlich wurde er rehabilitiert und am 19. Kislew entlassen. Dieser Tag wird seitdem von Chassidim als Neujahrstag von Chassidut gefeiert.

Chassidische Führer konnten auch in der Garten Eden eintreten, wo sie verstorbene Seelen hörten, die Tora lehrten. Rabbiner Yoseph Yitzchak Schneerson berichtet im Buch Sefer Hasichot (5697, S. 190):

Mein Vater [Rabbiner Scholom Dowber Schneerson – der fünfte Lubawitscher Rebbe - besuchte das Ohel (Ruhestätte) seines Vaters [Rabbiner Schmuel Schneerson – des vierten Lubawitscher Rebbe - am Donnerstag, dem 16. Elul 5652 (1892). Dies war der letzte der feierlichen Tage nach der Hochzeit meiner Tante.

Am nächsten Tag besuchte er das Ohel nochmals. Er blieb dort mehrere Stunden. Als er zurückkehrte, waren seine Augen geschwollen. Diese beiden Besuche während der Schewa Berachot (sieben Segenssprüche), d.h. Feierlichkeiten, die in der Woche nach einer Hochzeit abgehalten werden, waren ziemlich ungewöhnlich. Am Sabbat gab mein Vater einen Chassidischen Diskurs und betete mehrere Stunden lang. Im allgemeinen war sein ganzes Verhalten an diesem Sabbat ungewöhnlich. Einige Wochen später erklärte mein Vater mir, was der Grund für sein Verhalten gewesen war:
Er hatte sich zur Angewohnheit gemacht, daß er, nachdem er einen Chassidischen Diskurs für den öffentlichen Vortrag sehr gründlich vorbereitet hatte, ihn nur dann hielt, wenn der zuvor Himmlische Erlaubnis eingeholt hatte. Er wusste, daß ihm die Genehmigung dann erteilt wurde, wenn das Thema eins mit ihm geworden war. Der Diskurs dieses Sabbats war jedoch auch nach großer Anstrengung nicht eins mit ihm geworden. Daher entschloß er sich, den Meister des Themas, d.h. den, der diesen Gedanken zuerst dargelegt hatte, aufzusuchen. In diesem Falle war dies sein Vater, Rabbiner Schmuel. Daher mußte er zweimal seines Vaters Ruhestätte aufsuchen, wodurch er endlich eins mit dem Thema wurde. Als Dank für seine große Anstrengung belohnte ihn sein Vater.

Dieser Schabbat war der 18. Elul, der Geburtstag des Baal Schem Tow. Sein Vater sagte ihm: „Komm mit mir, um einen Tora-Diskurs des Baal Schem Tow zu hören“ nahm meinen Vater mit. Später beschrieb mein Vater den Platz, zu dem sie gegangen waren, und bemerkte „Gan Eden ist ein Platz der Ordnung im Gegensatz zu Scheol, der als ein Ort der Unausgeglichenheit beschrieben wird (Ekklesiastes 9:10). Mein Vater erzählte mir, daß er an diesem Sabbat sieben Lehren des Baal Schem Tow hörte“.

Diese sieben Lehren, die der Rabbiner Scholom Dow Ber vom Baal Schem Tow hörte, sind in dem Buch Keter Schem Tow beschrieben.

ZUSAMMENFASSUNG

Von den oben angeführten Berichten wird deutlich, daß Tzaddikim und Chassidische Führer mit verstorbenen Seelen kommunizieren und Himmlische Sphären besuchen konnten. Am faszinierendsten daran ist, daß, obwohl sie Giganten des Geistes waren, sie mit beiden Beinen fest auf dem Boden standen. Zudem kümmerten sie sich um alle geistigen und materiellen Bedürfnisse ihres Volkes. Daraus kann man eine wahre Verbindung mit dem Wesentlichen von G-tt (Atzmut) schließen, das die materiellen und spirituellen Gefilde transzendiert.