Kein Fest ist so reich an Mizwot wie Sukkot. Zu seinen Mizwot gehören: die Tora-Gebote, eine Sukka zu bauen und darin zu wohnen, die vier Arten, das Trankopfer (ein Halacha l’Mosche mi-Sinai, also ein Gesetz, das Mosche überlieferte, das aber nicht in der Tora steht), das Nehmen des Arawa (Weidenzweig) an Hoschana Rabba (ein Brauch, der auf die Zeit der Propheten zurückgeht) und das Gebot Ihr sollt bei eurem Fest jauchzen (Dwarim 16:14).

Warum gibt es an Sukkot so viele Mizwot, kurz nach Rosch Haschana und Jom Kippur? R. Awin erklärt: Womit können wir das vergleichen? Mit zwei Männern, die vor Gericht stehen und nicht wissen, wer von ihnen gewinnt. Wie können wir das herausfinden? Wer das Szepter in der Hand trägt, wenn er den Gerichtssaal verlässt, hat gewonnen.

So stehen auch Israel und die anderen Völker an Rosch Haschana vor G-tt, und wir wissen nicht, wer gewinnt. Doch wenn Israel mit Lulaw und Etrog in der Hand aus dem Gerichtssaal kommt, wissen wir, dass Israel gesiegt hat (Wajikra 30).

Worin besteht Israels Sieg? Die Juden verlassen das g-ttliche Gericht ohne Schuld, und alle Sünden des vergangenen Jahres werden ihnen vergeben. Sie bleiben G-ttes geliebte Kinder. Sie tragen das Szepter des Königs und erfüllen seine Gebote freudig.

Sie wohnen in der Sukka, nehmen die vier Arten, schöpfen fröhlich Wasser, spenden das Trankopfer auf dem Altar, nehmen an Hoschana Rabba den Arawa, und bringen Opfer und Brandopfer, um den Willen ihres Schöpfers zu erfüllen und ihre Sünden und die Sünden der Menschheit zu sühnen. Und wenn die sieben Festtage zu Ende sind, kehren sie nicht hastig ins Haus zurück, sondern sie versammeln sich vor ihrem König und feiern einen achten Tag, an dem sie über Seine Torah jauchzen (Simchat Tora).

Unsere Weisen erläutern die Worte, welche die vier Arten beschreiben, wie folgt: Und ihr sollt am ersten Tag selbst nehmen ... (Wajikra 23:40): Der „erste Tag“ ist der erste Tag, an dem Israels Sünden (wieder) gezählt werden. Wer einen Prozess gewinnt, ist erleichtert und möchte feiern und sich entspannen. Israel ist anders. Nachdem wir das g-ttliche Urteil am Jom Kippur gut überstanden haben, fangen wir nicht gleich an zu jauchzen, sondern machen uns sofort daran, G-ttes Mizwot zu erfüllen. Wir feiern erst, wenn Sukkot beginnt, am 15. Tag des Monats (Tanchuma, Paraschat Emor).

Während der vier Tage zwischen Jom Kippur und Sukkot bauen wir die Sukka, besorgen die vier Arten und sündigen nicht. In dieser Zeit braucht G-tt unsere Sünden nicht aufzuzeichnen, weil wir ganz mit der Erfüllung seiner Mizwot beschäftigt sind. Welcher Tag ist dann „der erste Tag, an dem Israels Sünden gezählt werden“? Das ist der 15. Tischri, das Fest Sukkot, der mit Mizwot gefüllt ist wie ein Granatapfel mit Kernen.

Und ihr sollt am ersten Tag selbst die Frucht eines schönen Baumes nehmen ... (Wajikra 23:40)

Das bezieht sich auf den 15. Tag - warum also wird dieser Tag „erster Tag“ genannt?

Wir können das mit einer Provinz vergleichen, deren Einwohner ihrem König eine Geldbuße schulden. Er macht sich auf den Weg, das Geld zu holen, und als er zehn Meilen von der Provinz entfernt ist, kommen ihm die hohen Würdenträger entgegen, um ihn zu preisen. Prompt verringert der König die Schuld um ein Drittel. Als er fünf Meilen entfernt ist, kommen die kleineren Würdenträger und preisen ihn, und sogleich verringert er die Schuld um ein weiteres Drittel. Als der König in die Provinz einzieht, empfangen alle Bürger ihn mit Jauchzen. Was tut der König? Er erlässt ihnen auch das letzte Drittel der Schuld und verkündet: „Was vergangen ist, ist vergangen. Wir fangen wieder von vorne an.“

Von Jom Kippur bis Sukkot ist das ganze Volk damit beschäftigt, die Mizwot zu erfüllen. Der eine baut seine Sukka, der andere besorgt sich seinen Lulaw. Am ersten Tag des Festes Sukkot stehen alle Juden mit ihren Lulawim und Etrogim in der Hand vor G-tt, um ihn zu rühmen. Dann sagt G-tt zu ihnen: „Was vergangen ist, ist vergangen. Wir fangen wieder von vorne an.“

Darum befahl Mosche dem Volk: Und ihr sollt am ersten Tag selbst nehmen ... Das heißt „für euch selbst, zu eurem eigenen Nutzen“. Am ersten Tag, wenn die Sünden erneut gezählt werden. Darum müssen wir eifrig die Mizwot erfüllen, damit aus unseren Anklägern unsere Verteidiger werden.