Das Wort Tschuwa - „Reue“ - bedeutet auch „Rückkehr“: Der Sünder kehrt zu dem Status zurück, in dem er sich vor der Sünde befunden hat. In der Sprache des Tanja: „Damit er Gnade findet vor G-tt und von ihm so geliebt wird wie vor der Sünde.“ Das bedeutet, dass die Reue alle Spuren der Sünde völlig auslöscht.
Mehr noch: Sie tilgt sogar die Fehler in der Vergangenheit. Darum sagen unsere Weisen, Reue aus Furcht gelte von jetzt an - so wie ein Verwundeter geheilt wird. Reue aus Liebe entwurzele dagegen die Sünde von Anfang an - es ist, als habe der Sünder niemals gesündigt.
Diese Macht, welche die Natur transzendiert und die Vergangenheit ändert, lässt sich auf dreierlei Weise erklären:
1. Reue erneuert das Band zwischen einem Juden und seinem Schöpfer. Da G-tt über der Zeit - über der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - steht, bekommt ein Mensch, der mit ihm verbunden ist, ein wenig von dieser Qualität ab.
2. Ein Jude ist seiner Natur nach gut, und selbst wenn er sündigt, bleibt er mit G-tt verbunden, auch wenn das Band zeitweilig nicht sichtbar ist. Darum kann Reue die Sünde rückwirkend ausmerzen; denn sie erschafft nichts Neues, sondern enthüllt nur das immer vorhandene Gute.
3. Ein Grundsatz der Halacha besagt: „Alles, was geschnitten werden soll, gilt als bereits geschnitten.“ Wer bereuten will - und letztlich bereut jeder Jude -, gilt als reumütig. Selbst während er sündigt, gilt er als reumütig, allerdings muss er tatsächlich bereuen, um die Sünde zu tilgen.
(Likute Sichot, Bd. 6, S. 54)
Days of Awe, Days of Joy
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