Finnemann war der große Mann. Gut möglich, dass er der Mann des Milleniums war. Zumindest war er der Mann der Stunde.

Wenn du dein Geschichts-e-mail liest, weisst du alles über Finnemann. Aber niemand kannte Finnemann besser als ich, denn ich war sein Partner.

Du wusstest nie, dass Finnemann einen Partner hatte? Ha! Glaubst du, er erforschte jeden Zentimeter des Universums ganz alleine?

Du siehst, ich vermied das Rampenlicht wegen einer kleinen Abnormalität in der Form meines Schädels. Einige unsensible Kollegen nannten mich „Spudhead“..., na ja, ist nicht so wichtig, diese Geschichte. Du kannst mich beim Wort nehmen, ich war Finnemanns Partner.

Bekanntlich war Finnemann erst 17, als er das Finnemaphon erfand. Bis zum Alter von 21 hat er damit 437 vermisste Personen ausfindig gemacht, weiters 242 Hunde, unzählige Katzen, und – in einer herzergreifenden sich über das ganze Internet erstreckenden Aktion – den entlaufenen rotäugigen Baumfrosch (Agalychnis callidras) der Frau Bernmann.

Ja, das Finnemaphon erkannte Vibrationen des Lebens. Wenn du dein Biologie-e-mail liest, weisst du, dass jeder lebende Organismus seine eigene einzigartige Frequenz ausstrahlt. Ratten, Zecken, Milben, Küchenschaben, Parlamentsabgeordnete, - du kannst es erkennen. Diese erstaunliche Maschine war genau genug, sie alle zu unterscheiden.

Egal wie weit weg – oder, wie im Falle von Frau Bermanns Baumfrosch, wie klein – wenn es am Leben war, konnte das Finnemaphon es erkennen. Dann gab dieser glorreiche Apparat eine gute Einschätzung über das Aussehen und die akustischen Signale des Wesens in Form eines Hologramms. Du weist schon, so wie Nachrichten von dieser Prinzessin Wie-heißt-sie-doch in diesem Star-Wars-Film.

Eines Tages in seinen frühen Dreissigern, richtete Finnemann sein Finnemaphon gegen einen Baum um ein tollwütiges Eurasiatisches Roteichhörnchen (Sciurus vulgaris) zu identifizieren. Da entdeckte er, dass unsere Athmosphäre das Gerät nicht begrenzte. Einige Reisen nach Washington und einige Billionen Dollar später war die Operation „Leben anderswo im Universum finden“ auf dem Weg.

Es bedurfte keiner Shuttles mehr, keine Sonden mussten mehr das riesige Niemandsland des Alls durchqueren. Das Finnemaphon konnte das ganze Universum in nur 15 Jahren erschließen – die Dauer eines Echos in der Geschichte der Zeit. Also begannen wir, anzuvisieren und zu clicken, anzuvisieren und zu clicken, anzuvisieren und zu clicken.

Es war Finnemanns Idee die Anzeigen nicht auszuwerten, bevor die Maschine alle ihre Daten zurücksandte. Seine Augen flackerten wenn er vom großen Tag des Datenempfangs sprach. „Stell dir die Spannung vor“, sagte er, „die Publicity und die Wetten. Wie viele Planeten da draussen sind mit Leben erfüllt? Ein Dutzend? Tausend? Hunderttausend?“ So verbrachten wir unsere Zeit zwischen dem Anvisieren und dem Clicken.

Die Regierungen unseres eigenen Planeten verbrachten ihre Zeit mit Überlegungen, wer als erster das Wissen ausserirdischer Wesen verwerten würde. (Jenen Fragen zu stellen, sollte kein Problem sein, denn das Finnemaphon konnte Daten ebenso schnell senden wie empfangen.) Der Kampf wurde hitzig. Jeder wollte an der ersten Nachrichtenübermittlung zu unseren himmlischen Freunden beteiligt sein, und jeder wollte der erste Empfänger jenes fortschrittlichen Wissens sein, dass ganz gewiss all unsere irdischen Probleme klären würde. Also setzte Lobbying ein. Wir bekamen Ananas aus Hawaii, Roboter aus Japan, Kaffee aus Brasilien, und Geld aus Las Vegas.

Bis zum großen Tag des Datenempfangs hatten wir all das Gezänk gelöst indem wir alle hohen Regierungen gleichzeitig mit unserer offiziellen Website www.talktothealiens.com verbanden. Du weist, was dann geschah – immerhin ist es der Rekord von heruntergeladenen News-Clips aller Zeiten. Mit einem gut geprobten theatralischen Schwenk betätigte Finnemann den Output-Schalter des Finnemaphons und innerhalb eines Augenblicks wusste der ganze Globus wie viele andere Planeten im Universum intelligentes Leben aufweisen: Null.

Man konnte den Schock der elektronisch versammelten Massen spüren. Es wurde klar, dass von hier bis zur Unendlichkeit unser rotierender blauer Ball der einzige Planet war, der Leben beherbergte. Wir sahen, was die letzte Hoffnung für die Menschheit ist – nämlich wir selbst. Ein erschreckender Gedanke.

In Panik begannen Regierungen aus aller Welt Finnemann mit mehr Geschenken und Geld zu überschütten, damit er sein Experiment wiederhole. Doch Finnemann wusste, dass ein Test alles war, was es brauchte. Das Finnemaphon war so verlässlich wie sein Erfinder. Er retournierte die Schecks uneingelöst (allerdings assen wir fast alle Ananas).

Nachdem ich das letzte meiner Handbücher zusammengesammelt hatte, durchquerte ich den Raum um Finnemann die Hand zu schütteln. „So, das ist es“, sagte ich, „die Frage nach höherer Weisheit ist vorbei.“

Finnemann überraschte mich als er antwortete: „Ganz und gar nicht, mein leichtköpfiger Freund. Ganz und gar nicht.“

Ich war verblüfft. Wir hatten das ganze Universum durchforstet. Wo sollte man noch suchen?

Finnemann bot mir ein schmerzliches Lächeln, und plötzlich verstand ich. Ich lächelte zurück, mich dumm fühlend, weil ich nicht schneller kapiert hatte.

Damit nahm mein Partner seinen Hut, drückte die Türklinke und stellte sich der Masse der draussen vor der Tür wartenden Journalisten.

Entnommen aus dem OLAM.org Magazine - A conversation for the soul (Issue 2)