Ich wurde 1940 in New York geboren und hatte das große Privileg, den Rebben als geliebten Kindheitsfreund zu kennen - dessen Name Mister war, wie ich damals dachte. Mein Großvater betete in der selben Synagoge wie der Rebbe und als ich 5 Jahre alt war, stellte er ihn mir vor. Meine Erinnerungen an das erste Treffen sind sehr genau. Es war ein sonniger Junitag und wir - mein zweijähriger Bruder Avrum Mendel und ich - gingen mit unserer Mutter und unserem Opa spazieren. Ich spielte mit ein paar Freunden rund um einen Baum, wo wir freudig eine Ameisenfamilie beobacheten. Mutter hatte mich schon seit einer Stunde gerufen, dass ich mein Gesicht, Hände und Knie abwaschen kommen solle, aber ich hatte einfach zuviel Spaß und gab vor, sie nicht zu hören. Aber ich wußte genau, wie dreckverschmiert ich war.
Genau dann rief mich Opa zu sich. „Nattie“, sagte er, „ich möchte Dir den Rabbi vorstellen.” Als ich das Wort „Rabbi” hörte, war ich so verschreckt, dass ich nur ein gewürgtes „Rabbi?” hervorbrachte.
Nun, der Rebbe - wie er nun einmal war - verstand sofort, wie ich mich fühlte, schüttelte leicht seinen Kopf und sagte: „Nein, nicht Rabbi. Mister.” „Ihr Name ist nicht Rabbi?” fragte ich. „Mister.” „Ihr Name ist Mister?” „Ja.” Und so nannte ich ihn Mister, bis ich verstand, dass Mister ein Titel ist und kein Name.
Ich traf ihn oft und wir hatten viele Gespräche. Er konnte sich immer an meinen Namen erinnern, fragte mich nach Opa, Mama, Papa und meinem Bruder. Er sprach mit mir in Jiddisch und ich antwortete in Englisch.
Ich hob mir Fragen für ihn auf, denn er war der einzige Erwachsene, den ich kannte, der gewisse meiner Fragen ernst nahm und mir wirklich gute Antworten gab, nicht nur Ausflüchte oder Gemeinplätze. Als ich drauf kam, dass Mister nicht der Name des Rebben ist, fragte ich ihn nach seinem wirklichen Namen. Aber ich konnte den Namen einfach nicht verstehen, - er sagte wahrscheinlich Schneerson - und dann sagte er, dass sein Name so ähnlich wie meiner sei, er heiße Menachem, ob ich das sagen könne. Das war kein Problem für mich und er schlug mir vor, ihn Mr. Menachem zu nennen.
Mr. Menachem fragte mich stets, welche Bücher ich läse. Als ich sieben war, entdeckte ich die Science Fiction- Abteilung in der städtischen Bibliothek. Ich erzählte ihm von den Büchern von Robert Heinlein und Isaac Asimov und versuchte ihn zu überreden, die Bücher auch selbst zu lesen. Er sagte mir stets, dass er nur jüdische Bücher lese. Ungefähr ein Jahr später las ich noch immer Science Fiction mit Begeisterung und erzählte ihm von Asimovs Buch „Foundation”. Wer Asimovs Foundation-Serie nicht gelesen hat, dem sei gesagt, dass es um eine geheime Gesellschaft geht, gegründet vom Psychohistoriker Hari Seldon. Das Ziel der Psychohistorie und der Gesellschaft ist es, das Universum zu verbessern. Nun gut, Mr. Menachem sagte mir später, er habe das Buch gelesen - was ich wirklich umwerfend fand - und empfohl mir, ich solle mich auf Asimov und nicht auf Heinlein konzentrieren. Er fügte dann hinzu, dass er an Asimov geschrieben und eine Antwort von ihm bekommen habe. Ich war verzaubert - ich kannte jemanden, der mit Isaac Asimov Briefverkehr führte. Dann fragte er mich, was ich davon halte, auch eine Gesellschaft zu gründen. Ich begann vor Begeisterung auf und ab zu hüpfen und rief, ich möchte auch dabei sein, bitte, bitte.
Nun, er gründete seine Gesellschaft und ich war dabei. Unsere „Mesibot Schabbat”-Gruppe wurde bald zu einem echten Renner. Jeden Schabbat traf ich mich mit anderen Kindern, wir hörten spannende Geschichten, sangen Lieder - und arbeiteten an der Vision von einer besseren Welt.
ב"ה
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