Jom Kippur markiert den Tag, an dem G-tt dem Jüdischen Volk die Sünde des Goldenen Kalbes vergeben hat. 40 Tage nachdem sie am Berge Sinai gehört haben, wie G-tt selbst gesagt hat: "Du sollst keine anderen Götter vor Mir haben, du sollst dir kein Bildnis machen," praktizierten die Israeliten Götzendienst. Moses hat fast drei Monate auf dem Berge Sinai verbracht. In dieser Zeit flehte er um Vergebung, und am 10. Tischrei wurde sie ihm endlich gewährt: "Ich habe vergeben, gemäss deiner Nachfrage."

Seit diesem Moment, dem “Tag der Vergebung“, gedenken wir jährlich dieses Datums. Gedenkfeiern erinnern an unsere spezielle Beziehung zu G-tt, - eine Beziehung, die stark genug ist, alle Hindernisse zu überwinden. An diesem Tag kommen wir mit dem wahren Wesen unseres Daseins in Kontakt, und erfahren, dass G-tt uns treu bleibt, ungeachtet unseres äußerlichen Benehmens.

Es ist der feierlichste Tag des Jahres, weil wir an diesem Tag nicht nur reuevoll all unsere Vergehen beichten, sondern auch völliges Vertrauen haben, dass der Ewige uns unsere Sünden vergeben und uns ein weiteres Jahr voller Leben, Gesundheit und Glück schenken wird.

Für fast 26 Stunden – von ein paar Minuten vor Sonnenuntergang des 9. Tischrei an bis nach dem Aufgang der Sterne des 10. Tischrei – betrüben wir unsere Seelen: Wir essen und trinken nichts, wir waschen uns nicht und verwenden keinerlei Kosmetika, wir tragen keine lederne Fußbekleidung und enthalten uns unserer ehelichen Pflichten. Wir gleichen den Engeln, die keinerlei physische Bedürfnisse haben. Anstatt uns mit der materiellen Welt zu befassen, verbringen wir den ganzen Tag in der Synagoge und beschäftigen uns mit Beten und reuiger Rückkehr zur Wurzel unserer Seele.

Vorbereitungen

Am Tag vor Jom Kippur sind reichliches Essen und Trinken die wichtigste Mizwa. Es gibt zwei festliche Mahlzeiten, - eine tagsüber, die andere kurz vor Feiertagsbeginn. Ein weiterer Brauch dieses Vortages ist das Empfangen eines Stück Honigkuchens in Anerkennung dessen, dass wir alle nur Empfänger in G-ttes Welt sind und auf ein süßes Jahr hoffen. In diesem hoffnungsvollen Gebet bitten wir alle, denen wir etwas Unangemessenes angetan haben könnten, um Vergebung; wir spenden eine Extrasumme für wohltätige Zwecke; wir segnen feierlich die Kinder.

Vor Sonnenuntergang zünden Frauen und Mädchen die Festtagskerzen, und alle versammeln sich in der Synagoge zum Kol Nidrej – Gebet.

Am Jom Kippur

Im Verlauf des Jom Kippur halten wir fünf G-ttesdienste: 1) Maariv, mit seinem feierlich gesungenen Kol Nidrei – Gebet am Vorabend des Jom Kippur; 2) Schacharit – das morgendliche Gebet; 3) Mussaf, mit seiner detailierten Beschreibung des Jom Kippur – G-ttesdienstes im Heiligen Tempel; 4) Mincha, mit dem Lesen des Buches Jona.

Wir erreichen mit dem Ende des Tages seinen Höhepunkt: das fünfte Gebet – das Ne'ila (Versiegelungs-) Gebet: Die den ganzen Tag über offenstehenden Himmelstore werden jetzt hinter uns verschlossen, so dass wir mit dem Ewigen allein sind. Während dieses Gebetes haben wir Zugang zur wesentlichsten Ebene unserer Seele. Der Toraschrein bleibt während dieses Gebetes geöffnet. Der abschließende Ne'ila – G-ttesdienst gelangt zu seinem Höhepunkt mit den wiederhallenden Rufen des "Höre Israel ... der Ewige ist einzig." Dann bricht die Gemeinde in ein freudiges Singen und Tanzen aus. Es ist z.B. ein Chabad – Brauch, den lebhaften Napoleon-Marsch zu singen. Den Abschluss bildet ein einzelner Schofar-Ton mit der Verkündung folgt: "Nächstes Jahr in Jerusalem."

Nach der Hawdala nehmen wir an einer feierlichen Nach-Fasten-Mahlzeit teil und verwandeln die Nacht nach Jom Kippur in einen selbständigen Festtag. Wir freuen uns bereits auf das nächste Fest und die damit verbundene Mizwa: Aufbau einer Sukka.