Simchat Tora bedeutet „Freude an der Tora“. Jetzt wollen wir einmal prüfen, was wir über die Sefer Tora (die Tora-Rolle) wissen. Wir sehen solche Rollen ja oft in der Synagoge und hören, wie daraus vorgelesen wird.

Auf den Inhalt der Tora und die 613 Gebote wollen wir hier nicht eingehen. Nur so viel sei gesagt: „Tora“ bedeutet „Lehre“, denn sie lehrt uns, so zu leben, wie es G-tt gefällt. Hier geht es aber darum zu prüfen, was wir über das Aussehen der Sefer Tora und ihr Material wissen. Wurde der Text mit der Hand geschrieben oder gedruckt? Aus welchem Material besteht die Tora-Rolle? Wie oft wird die Tora in der Synagoge gelesen? Und so weiter.

Seitdem wir die Tora vor über 3268 Jahren am Berg Sinai erhalten haben, ist sie unser Licht und Leben gewesen. Kein Buchstabe der Tora wurde geändert. Sie wurde viele Male kopiert: für die Synagoge in Form von Schriftrollen, für zu Hause in Form von Büchern (die Fünf Bücher des Chumasch).

Beobachten wir nun einmal die ganze Kriat Hatora (das Lesen der Tora) vom Herausholen der Rolle aus dem Aron Hakodesch (dem heiligen Schrein) bis zum Zurücklegen.

Das alles geschieht am Schabbat und am Jom Tow beim morgendlichen G-ttesdienst meist in der Mitte zwischen Schacharit und Musaf. Nehmen wir an, es ist Schabbat, und der G-ttesdienst ist in dieser Phase. Der Chasan (Vorleser) steht am offenen Schrein, die vorgeschriebenen Gebete sind schon gesprochen worden.

Die Tora wird respektvoll aus dem Schrein geholt und dem Vorleser übergeben. Er liest die ersten Verse des Schma und einige andere Verse, und die Gemeinde wiederholt sie. Dann trägt er die Tora zur Bima. Wenn er an uns vorbeigeht, beugen wir uns vor und küssen die Hülle der Sefer Tora und werfen aus nächster Nähe einen Blick darauf.

Die Hülle bedeckt die Rolle vollständig. Nur die zwei Holzgriffe oben und unten sind zu sehen. Oft ist der obere Teil der Griffe von einer silbernen Krone umhüllt und die Rolle ist mit einer Silberplatte geschmückt, die vor ihr hängt - eine Erinnerung an die Brustplatte, die der Hohepriester im Heiligen Tempel trug. Oft hängt auch ein silberner Zeigestock an der Rolle.

Die Hülle besteht aus teurem Material und ist mit Symbolen verziert, zum Beispiel mit einer Krone, mit den zehn Geboten und so weiter.

Auf der Bima wird all dieser Schmuck und die Hülle entfernt. Unter der Hülle befindet sich ein Gürtel aus Seide oder aus einem anderen feinen Material, das die Rolle zusammenhält. Er wird gelöst und die Sefer Tora geöffnet. Der Vorleser prüft, wo er mit dem Lesen beginnt. Er sucht also den Anfang des Wochenabschnitts, der zu diesem Schabbat gehört, oder den Anfang des Abschnitts, der an einem Jom Tow gelesen wird. Dann rollt er die Rolle wieder zusammen und steckt sie in die Hülle.

Jetzt wird das erste Gemeindeglied zum Lesen der Tora gerufen. Er ist ein Kohen, und er spricht den Segen. Danach liest er den ersten Abschnitt vor und spricht darüber den Segen. Danach wird das zweite Gemeindeglied gerufen. Er ist ein Levi. Nach ihm kommt ein dritter, der weder Kohen noch Levi ist, sondern ein einfacher Israel. Sieben Männer werden am Schabbat gerufen, dazu kommt ein achter, der Maftir heißt und der ein Kapitel der Propheten liest.

Wenn das Lesen des Wochenabschnitts beendet ist, werden zwei Männer gerufen. Der eine, der Hagba, hebt die Tora hoch, damit die ganze Gemeinde sie sieht; der andere, der Glila, rollt die Sefer Tora zusammen, verschnürt sie, legt die Hülle und den Schmuck an und legt die Rolle in den Schrein zurück. Bei Hagba steht die ganze Gemeinde auf und sagt:

„Das ist die Tora, die Mosche den Kindern Israel vorgelegt hat“ und so weiter.

Die Tora-Rollen bestehen aus Pergament, also aus der Haut eines koscheren Tieres, die für diesen Zweck besonders behandelt wurde. Natürlich ist keine Haut groß genug für die ganze Tora. Darum werden mehrere Rollen (Jeriot genannt) zusammengenäht. Als Faden dürfen wir keine Baumwolle, Wolle oder sonstiges Material verwenden, sondern nur Sehnen von Tieren.

Die Tinte, mit der die Tora geschrieben wird, ist keine gewöhnliche Tinte, sondern eine besondere, haltbare Tinte. Wir dürfen nur schwarze Tinte benutzen, keine andere Farbe, auch nicht Gold. Geschrieben wird nicht mit einer gewöhnlichen Feder, sondern mit einem Federkiel, der so zurechtgeschnitten wird, dass man mit ihm dicke und dünne Striche machen kann. Das Pergament muss mit einem Stilus (Griffel) liniert werden, der zwar Kerben, aber keine Farbspur hinterlässt. Damit sorgen wir dafür, dass die Zeilen gerade werden. Geschrieben wird in der hebräischen Quadratschrift, wie es seit uralten Zeiten üblich ist. Andere Buchstaben, auch kunstvolle, dürfen nicht verwendet werden. Manche Buchstaben werden mit Kronen aus kurzen Strichen verziert. Aber nichts bleibt dem künstlerischen Sinn des Schreibers überlassen, denn alles muss ganz genau so kopiert werden, wie es uns seit Mosche von Generation zu Generation überliefert wurde.

Der Schreiber heißt im hebräischen Sofer. Das Wort ist von Sefer (Buch) abgeleitet. Bevor der Sofer mit seiner heiligen Arbeit beginnt, bereitet er sich angemessen vor. Er geht in die Mikwe, um sich rituell zu reinigen und Körper und Geist zu läutern. Dann muss er einige Zeit meditieren und sich selbst erforschen und alle Gedanken seiner heiligen Aufgabe zuwenden: eine Sefer Tora für den G-ttesdienst zu schreiben.

Jedes Wort, das der Sofer schreibt, muss er von einem korrekten Text abschreiben. Er darf nicht aus dem Gedächtnis schreiben. Die Schrift muss klar und einfach sein, und kein Buchstabe darf den anderen berühren. Jeder Schüler, der lesen kann, muss in der Lage sein, die Schrift zu lesen.

Der Text hat keine Vokale (nekudot), im Gegensatz zum Chumasch oder Siddur, dessen Lektüre durch Vokale und Punkte erleichtert wird. Abschnitte werden durch Leerzeilen getrennt, und dieser leere Raum muss eine bestimmte Größe haben, getreu der Tradition. Da die Tora keine Vokalpunkte hat, ist sie für Ungeübte nicht leicht zu lesen, um so mehr, als man sie mit einer bestimmten Melodie lesen muss. Jeder Junge, der Bar-Mizwa gefeiert hat, weiß, wie schwierig es ist, seinen Tora-Abschnitt lesen zu lernen. Trotzdem gibt es viele Jungen, die nicht nur einen kurzen Abschnitt lesen können, sondern die ganze wöchentliche Sidra der Tora. Das ist eine sehr gute Leistung!

Es ist unmöglich, hier alle Regeln aufzuzählen, die beachtet werden müssen, wenn jemand eine Sefer Tora schreibt. Es sind zu viele, und sie sind vor allem für den Sofer gedacht, nicht für Laien.

Wenn die Tora fast fertig ist, wird eine Feier veranstaltet, die Sijum Hatora heißt, „Vollendung der Tora“. Alle Buchstaben mit wenigen Ausnahmen sind bereits fertig, und die letzten werden während der Feier geschrieben. Es ist eine Mizwa für jeden Juden, eine Sefer Tora zu schreiben oder eine für sich schreiben zu lassen.

Die Rollen werden an hölzernen Spulen befestigt, die Ez Chaim (Baum des Lebens) heißen, denn die Tora ist ein „Baum des Lebens für alle, die an ihr festhalten“. Diese Holzrollen haben an jedem Ende eine flache Scheibe, oft mit kleinen Spiegeln oder anderem Schmuck verziert. Jede Sefer Tora hat natürlich zwei Ez Chaims. Bei Glila muss die rechte Ez Chaim über der linken liegen, denn die rechte hält die Rolle mit dem Anfang der Tora (Bereschit).

Die Sefer Tora ist der heiligste Besitz eines Juden. Oft setzen Juden ihr Leben aufs Spiel, um bei einem Brand ihre Sefer Tora zu retten. Wir dürfen die Tora-Rolle nicht mit bloßer Hand anfassen, sondern nur mit einem Tallit oder einem anderen heiligen Gegenstand. Wenn wir sie auf den Tisch legen, um darin zu lesen, muss der Tisch mit einem Tuch oder Tallit bedeckt sein. Die Sefer Tora wird also mit großem Respekt behandelt, und darum können wir verstehen, dass auch Toragelehrte hohes Ansehen genießen - sie sind eine lebendige Sefer Tora.

Einige Fragen sind noch zu klären: Wie viele Menschen werden bei verschiedenen Anlässen zum Lesen der Tora gerufen, und warum holt man manchmal mehrere Sifrei Tora heraus?

Wir haben bereits erwähnt, dass am Schabbat sieben Männer und dazu ein Maftir aufgerufen werden. An den drei Festen Pessach, Schawuot und Sukkot werden fünf Männer und ein Maftir gerufen. Fällt ein Festtag mit Schabbat zusammen, werden acht Männer gerufen, so wie an einem normalen Schabbat. An Rosch Chodesch und an den Wochentagen des Festes (Chol Hamoed) werden vier Männer aufgerufen. Am Jom Kippur sind es sechs und ein Maftir. Bei allen anderen Anlässen sind es drei. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht:

Schabbat: sieben und Maftir

Jom Kippur (wenn es kein Schabbat ist): sechs und Maftir

Feiertage (wenn der Tag kein Schabbat ist): fünf und Maftir

Chol Hamoed (wenn der Tag kein Schabbat ist): vier

Rosch Chodesch (wenn der Tag kein Schabbat ist): vier

Chanukka, Purim, Fastentage, Montage und Donnerstage sowie Schabbat Mincha: drei

Bei manchen Anlässen wird außer der wöchentlichen Sidra noch ein besonderer Abschnitt gelesen, zum Beispiel am Neumond (wenn er auf Schabbat fällt) oder an einem der vier Paraschijot: Schkalim, Sachor, Para und haChodesch. In diesen Fällen holen wir zwei Rollen aus dem Schrein, damit wir die Sefer Tora nicht auf und zu rollen müssen, um den zweiten Abschnitt zu finden - dann müsste die Gemeinde warten. Auch am Jom Tow holen wir zwei Rollen heraus, denn Maftir wird an diesem Tag aus einem anderen Abschnitt gelesen (Pinchas). Manchmal werden sogar drei Sifrei Tora herausgeholt, zum Beispiel an Schabbat-Rosch-Chodesch-Chanukka.

Ist es nicht erstaunlich, dass in jeder jüdischen Gemeinde auf der Welt an jedem Schabbat und an jedem Montag und Donnerstag der gleiche Tora-Abschnitt gelesen wird? In jedem jüdischen Kalender ist die wöchentliche Sidra verzeichnet, und das ist so allgemeinüblich, dass Juden oft anstelle des hebräischen Datums (Tag und Monat) den Tag und den Wochenabschnitt angeben!