Die dieswöchentliche Sidra, Tezawe, beschäftigt sich mit dem Dienst, der im Heiligtum versehen wurde. Ein sehr wichtiges Ritual war dabei das tägliche Entzünden der Menora – des goldenen Leuchters. Im Einzelnen beschreibt die Sidra sowohl das Anzünden der Menora wie das dazu benötige Öl.
Wie die Tora vorschreibt, muss das hierzu verwandte Öl völlig rein sein; und daher wurde auf die Gewährleistung seiner Qualität stets sorgfältig und gewissenhaft geachtet. Öl spielt auch eine bedeutende Rolle bei der Menora am Chanukka-Feste, das uns allen ja sehr gut bekannt ist. Von dieser Flüssigkeit des täglichen Gebrauches können wir mancherlei lernen.
Öl scheint zwei sich eigentlich widersprechende Merkwale zu besitzen:
- Einmal hat es die Eigenschaft, leicht durchzusickern (Tur Schulchan Aruch, Jore Dea 105, 9) und jedes Ding, mit dem es in Berührung kommt, fleckig zu machen und sich darüber auszubreiten; es ist dies ein Kennzeichen von Nähe und Bindung an alles. Zudem wird es durch Zerquetschen und Auspressen der Oliven erzeugt (Schmot Rabba, Anfang von Tezawe) – womit die Demut symbolisiert ist.
- Auf der anderen Seite jedoch geht es, wenn man versucht, es mit etwas anderem zu vermischen, keine Verbindung ein (ibid.), ein Zeichen der Isolierung, des Abseitsstehens (Imrei Bina, Scha'ar Kriat Schma, Kap. 54-56); außerdem bleibt es dauernd über jeder anderen Flüssigkeit liegen (Schmot Rabba, ibid.) – also genau das Gegenteil von Demut!
An alle diejenigen religiösen Juden, die mit ihres weniger oder nicht frommen jüdischen Nachbarn nichts zu tun haben wollen, spricht das Öl diese Botschaft aus: Seid demütig, ölt und macht geschmeidig, ohne Unterschied, ob das Metall rostiges Eisen oder feinstes geschmiedetes Gold ist. Breitet es über alles aus und dringt überall durch. Seid freundlich zu jedermann, und mit den "starken Stricken der Liebe" (s. Tanja, Kap. 32) zieht andere Juden heran zu einem besseren Verständnis ihrer Religion.
Aber das ist nur die halbe Botschaft des Öls. Manche unter uns – wenn sie entdecken, wie weit andere Juden sich dem Judentum entfremdet haben – möchten "auf deren Niveau hinabsteigen", indem sie unseren Glauben und unsere Observanz verwässern und diese "auf den Bedarf zuschneiden", um sie so den anderen schmackhaft und reizvoll zu machen. Da sollten auch wir eine Lehre daraus ziehen, dass sich das Öl nicht mit anderen Flüssigkeiten mischen lässt. Unser Ziel muss es deshalb sein, andere Juden näher an die Tora heranzuziehen – nicht aber die Tora so zurechtzustutzen, dass sie ihren Ansichten entspricht.
Mit dieser Methode – dass wir also allen gegenüber zugänglich sind, jedoch stark auf unseren Glauben und die Innehaltung der Gesetze bestehen – führen wir auf richtige Weise unsere Lebensaufgabe aus; und dadurch verdienen wir dann, dass wir auch selbst emporsteigen zu einem höheren (geistigen) Standort – genauso wie das Öl immer über alle anderen Flüssigkeiten steigt.
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