In der dieswöchentlichen Sidra wird uns gezeigt, wie eine kleine Schar von Juden – 70 an der Zahl – es fertig brachte, in dem fremden Lande Ägypten fortzubestehen, umgeben von einem erdrückend mächtigen und feindlich gesinnten Volke. Dass sie fortbestanden, dies setzten sie durch, nicht dadurch, dass sie ihre nichtjüdischen Nachbarn nachzuahmen und ihre eigene Identität zu vertuschen suchten, sondern im Gegenteil dadurch, dass sie mit großem Eifer und ohne jeglichen Kompromiss ihre Identität und ihre spirituelle Unabhängigkeit bewahrten.

In ihrem Kommentar zum ersten Verse unserer Sidra erklären unsere Weisen, worin das Geheimnis des Fortbestandes der Juden lag (Pa’aneach Roso zu Exodus 1, 1 im Namen des Midrasch; siehe auch Baal Haturim z.St.): "Und dieses sind die Namen der Kinder Israels, die nach Ägypten kamen: Weil sie ihre Namen und ihre Gebräuche nicht änderten, wurden sie aus Ägypten erlöst". Und nicht nur das allein – nicht nur überlebten sie all die unheilvollen Zustände, sondern sie vermehrten sich an Zahl und wurden geistig immer stärker, bis sie am Sinai die Tora empfingen, bis sie damit die ganze Welt in Licht hüllten und das Ziel der Schöpfung erfüllten.

Dieser Abschnitt der Tora enthüllt mit seiner Darstellung des ersten Galut (Exils) das Geheimnis, wieso die Juden in allen Zerstreuungen und in allen Zeitaltern weiterbestehen konnten. Die hierin enthaltene Lehre sollte ganz besonders in unseren eigenen Tagen beherzigt werden, wo das Galut so viele tragische und verheerende Begleiterscheinungen zeigt, sowohl in physischer wie in spiritueller Hinsicht. Überall auf der Welt sind die Juden von einer demoralisierten und feindlichen Gesellschaftsschicht umzingelt – einer Gesellschaft, in der die elementaren Prinzipien von Menschlichkeit und Gerechtigkeit mit den Füssen getreten werden, einer Welt, die so verworren denkt und argumentiert, dass Dunkelheit für Licht und Licht für Dunkelheit erklärt werden, einer Welt, die vor sich selbst und – G-tt behüte – vor einer atomaren Selbstvernichtung Angst hat.

In diesem finsteren Galut müssen wir Juden mehr denn je die Lehren unserer Tora zu Herzen nehmen, einer Torat Chajim, einer Lebensordnung, und zwar im Bewusstsein dessen, dass allein durch die Erhaltung unserer Identität, unserer geistigen Unabhängigkeit – auf der Basis unserer Tora und Mizwot und genährt durch eine absolut Toragemäße Erziehung unserer Kinder – wir den spirituellen wie physischen Fortbestand unseres Volkes sichern und zudem wachsen und gedeihen können.

Nur aufgrund dieses wahrhaft jüdischen Lebensweges wird jeder einzelne und unser Volk in seiner Gesamtheit G-ttes Segen erlangen können: "Ken jirbeh wechen jifroz" ("so wächst es und so breitet es sich aus" – Exodus 1, 12), eine Segnung von Wachstum und Gedeihen; und so werden wir der wahren und vollkommenen Erlösung durch unseren gerechten Messias würdig sein, bald in unseren Tagen.