Jede Woche kann man in der Sidra Anleitung und Belehrung für das tägliche Leben finden. Denn der Herr der Ewigkeit hat uns eine Tora gegeben, die stets gültig ist und ihre unsterbliche Botschaft jeder Person in jedem Zeitalter kündet. Dadurch dass wir die Tora studieren und unser Leben ihren Lehren gemäß führen, sind wir, das jüdische Volk, gleichfalls unsterblich und in die Lage versetzt, allen Widerwärtigkeiten gegenüber zu bestehen und sie zu überleben.

Die dieswöchentliche Sidra Wajera beschreibt Abrahams Gastlichkeit in diesen Worten (Genesis 21, 33): "Und er pflanzte (oder "legte an") eine ESCHEL in Beerscheba". Es gibt verschiedene Erklärungen für das Wort "Eschel". Die einfachste Erklärung ist, dass "Eschel" ein vielzweigiger Baum war, den Abraham pflanzte, um dadurch Schutz gegen die heiße Wüstensonne zu schaffen (Beerscheba liegt im Süden von Kanaan, am Rande der Wüste). Andere wiederum (Talmud Sota 10a; Raschi ibid.) verstehen "Eschel" als einen Garten voll von Obstbäumen, den Abraham anlegte, um vorbeiziehenden Wanderern Erfrischungen anbieten zu können.

Eine weitere Ansicht (Ibid., R. Nechemja) definiert "Eschel" als eine Gaststätte; diese Ansicht geht dahin, Abraham habe seine Gäste nicht nur mit Obst bewirtet, sondern ihnen ein vollständiges Essen und Trinken und sogar ein Bett zum Schlafen gegeben (Midrasch, zitiert in Bachja zu Genesis 21, 33). Anderswo wiederum wird erklärt, Abraham habe sogar einen Gerichtshof in dem Gasthofe tagen lassen (Bereschit Rabba, Kap. 54, 6), damit gleich die verschiedenen Streitfragen entschieden werden konnten, die manchmal unter den Reisenden entstanden – und all dieses, ohne dafür irgendwelche Bezahlung anzunehmen.

Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass Abrahams Gäste ihm alle völlig unbekannt waren, dann können wir das Ausmaß seiner CHESSED (Güte) würdigen. Abraham begnügte sich nicht damit, seinen Gästen "Brot und Wasser" zu geben, das Nahrungsminimum. Nein, er hielt es für notwendig, ihnen üppige Mahlzeiten vorzusetzen – Obst, Wein, vielerlei Delikatessen – und auch ein Bett zur Verfügung zu stellen. Und als sei all dies noch nicht genug gewesen, sah er es zudem als seine Pflicht an, ihre geistigen Bedürfnisse ebenfalls zufriedenzustellen: er gründete für sie ein "Sanhedrin" (den oben erwähnten Gerichtshof).

Die gleiche, übermäßige Güte, die Abraham zeigte, liegt in jedem von uns verborgen! Es gibt gewisse edle Charakterzüge, die wir Juden von unseren Ahnen geerbt haben; sie sind zu einem wesentlichen Bestandteil unserer Persönlichkeit geworden. Den Bedürftigen zu helfen, sei es in der Form von Geldspenden, Gastfreundschaft oder Unterstützung anderer Art, ist ein Antrieb, den jeder Jude als ein Vermächtnis von Abraham (Talmud Jewamot 79a) besitzt; und, wie Abrahams Charakterzug, ist es eine Güte, die keine Grenzen kennt. Im Herzen eines jeden Juden lebt die instinktive Regung, Wohltätigkeit selbst einem völlig unbekannten Menschen zu erweisen, ihm nicht nur das bloße Minimum zu geben, sondern zusätzliche und üppigere Gaben, und danach zu streben, nicht allein seine physischen Bedürfnisse zu erfüllen sondern auch seine geistigen.