(Aus einem Brief des Lubawitscher Rebben.)
Sie schreiben von einem scheinbaren Widerspruch, den Sie glauben, feststellen zu müssen: Die neuesten wissenschaftlichen Experimente und die Erfolge der Raumraketen, besonders auch die Mondfahrten, scheinen Ihnen dem Vers im Tanach zu widersprechen: "Die Himmel sind die Himmel G-ttes, und die Erde gab Er den Menschenkindern" (Psalm 115, 16).
Tatsächlich besteht hier indessen überhaupt kein Widerspruch, man muss nur den Ausdruck "Erde" richtig verstehen. Dieses Wort darf nicht im engen Sinne aufgefasst werden, als bezeichne es nur unseren Erdball, sondern in seinem richtigen Sinne, wie dieser in dem zitierten Vers verstanden sein will: Eingeschlossen in diesen Begriff "Erde" sind auch die Atmosphäre und dazu das gesamte Universum, mit dem die Menschheit sich befasst, und mit dem sie auf irgendeine Weise in Verbindung steht. Wir dürfen die Ausdrücke "Himmel" und "Planeten" nicht miteinander verwechseln. Die Sterne, die Planeten, der Mond etc. fallen nicht unter die Bezeichnung "Himmel" weil der "Himmel" hier etwas Geistiges ist, während die Planeten physischer Natur sind, sie gehören zur physischen Welt.
Die Tatsache, dass G-tt die sogenannten "himmlischen" Gestirne geschaffen hat, um unserer Welt zu dienen, um ihr Licht, Wärme und Energie zu geben, und dass Er sie in das Firmament gesetzt hat, in einem gewissen Abstand von unserer Erde: all dies darf den Menschen nicht davon abhalten, sie zu studieren und alles über sie ausfindig zu machen, was in seiner Fähigkeit liegt. Ebenso schließt die Feststellung der Tora, dass G-tt den Mond in das Firmament gesetzt hat, um der Erde ein gewisses Licht zu spenden, nicht aus, dass der Mensch eines Tages auf ihm landet.
Die Bedeutung des Verses "Die Himmel sind die Himmel G-ttes …" ist daher diese: Während G-tt überall ist – und das schließt auch den Himmel ein –, wurde der Mensch in das physische Universum gesetzt, und er ist ein Teil davon; deshalb muss er, solange Leben auf dieser Erde besteht, alle ihm gebotenen Möglichkeiten wahrnehmen. Es gibt nichts in wissenschaftlichen Experimenten oder Leistungen, das im Widerspruch zur Tora stünde; und es kann auch nicht so sein, nachdem die Tora selbst Wahrheit ist.
Der Inhalt Ihres Briefes sowie Ihre gesellschaftliche Stellung veranlassen mich, der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass Sie Ihr Leben in Übereinstimmung mit der Tora gestalten mögen, die da Torat Chajim, das Gesetz des Lebens, genannt wird, und mit den Mizwot, die den Juden geboten sind. Mögen Sie auf diesem Wege stetige Fortschritte machen, in Übereinstimmung mit dem Prinzip "In allen heiligen Angelegenheiten soll man ansteigen."
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