Rosch Chodesch Elul leitet die erste Woche des Monats Elul ein. Nach dem Elul kommt dann der bedeutungsvolle Monat Tischrei; in ihn fallen die wichtigsten Feste des jüdischen Kalenders: Rosch Haschana, Jom Kippur, Sukkot und Simchat Tora. Der Elul ist stets als der "Monat der reuigen Einkehr" betrachtet worden, ein Zeitabschnitt, in dem jeder einzelne Jude sich der Selbstprüfung und "Bestandaufnahme" unterzieht, um seine religiösen Leistungen im vergangenen Jahre zu überprüfen; gleichzeitig fasst er den festen Entschluss, es im kommenden Jahre besser zu machen.

Eine feine chassidische Parabel (Likute Tora, Dwarim 32, 2) illustriert den Unterschied zwischen Elul und Tischrei:

Wenn sich ein König in seinem Palaste aufhält, ist es äußerst schwer, eine Audienz bei ihm zu erhalten. Wenn er jedoch den Palast verlässt und sich auf die Felder begibt, unter das Volk, dann haben alle, die es wollen, die Möglichkeit, den König anzugehen und ihm ihre Bitten vorzutragen. Dann empfängt der König selbst den niedrigsten seiner Untertanen huldvoll und gewährt ihm seinen Wunsch.

Zu einem solchen Zeitpunkt kann man jedoch zu einem schweren Fehlschluss kommen, vor dem man sich sehr in Acht nehmen muss: Der Untertan bringt sich leicht zu der irrigen Auffassung, er habe in der Erfüllung seiner Pflichten dem König gegenüber nie versagt; er denkt, sein Verhalten und seine Diensterweisungen müssten doch zufriedenstellend gewesen sein, denn hier kommt der König, lächelt ihn an und ist ihm gnädig gesinnt! Wäre der König in seinem Palast geblieben, so hätte ein solches Missverständnis gar nicht aufkommen können. Der Bürger wäre überhaupt erst dann in den Palast hineingelassen worden, wenn er sein ganzes Aussehen und sein Benehmen überprüft und verbessert hätte.

Im Elul ist der Höchste aller Könige – G-tt – "auf den Feldern" und besucht Sein Volk. Während dieser Zeit ist die ehrfurchterweckende Majestät Seines Königtums nicht so augenscheinlich wie sonst, und alle, die sich dem König zu "nähern" suchen, können feststellen, dass dies verhältnismäßig leicht ist. Wahrlich, der König empfängt uns gnädig. Wir aber dürfen nicht den schweren Fehler begehen, zu vermeinen, wir seien deshalb nun vollkommen. Im Gegenteil, wir müssen stark an uns arbeiten; wir müssen unseren Charakter verbessern, unseren Glauben stärken und mit größerem Ernst und tieferem Gefühl beten, als wir es sonst im Jahre tun. Denn bald naht Rosch Haschana heran und kündigt den Monat Tischrei an; dann kehrt der König der Könige in Seinen Palast zurück und sitzt in ehrfurchtgebietender Majestät auf Seinem Throne, und er prüft kritisch das Betragen jedes Seiner Untertanen und entscheidet über seine Zukunft.